DIE VESTE HELDBURG

BAUPHASENANALYSE, STILZUORDNUNG, BAUTECHNIK UND NUTZUNG

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling

Bearbeiter: Inge Aures, Thomas Barthold, Joanna Cichecka, Reinhard Mast, Jörg Rehm, Björn Seewald, Ann-Christin Wittek

Eigentümer und Kooperationspartner:
Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
Schloss Heidecksburg
07407 Rudolstadt

Projektbeschreibung

Die Veste Heldburg liegt auf einem etwa 400m hohen Bergkegel im Süden Thüringens und geht auf das 13. Jh. zurück. Im Laufe seiner Geschichte erlebte die Burg zahlreiche Besitzerwechsel und Umbauten. Durch einen Großbrand 1982 wurde der sog. Französische Bau teilweise zerstört. Seit 1990 werden Rekonstruktions- und Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Das Germanische Nationalmuseum und die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten planen in der Veste ein Burgenmuseum einzurichten.

Die heterogene Gebäudegruppe besteht aus vier wesentlichen Teilen:
Hauptturm mit Burgtor (4) sowie Kommandantenbau (1) mit dem sog. Hexenturm, nördlich daran anschließend eine Terrasse (ehem. Küchenbau) (7), der Heidenbau (3) mit Tordurchfahrt im Nordosten und im Süden der Französische Bau (2) mit Anbau.

Die Arbeit der Seminarteilnehmer unter Anleitung von Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling bezog sich überwiegend auf den Bereich des Französischen Baus, aber auch auf den Heiden- und den Kommandantenbau. Dabei standen die chronologische Einordnung der Bauphasen und der Ausstattung sowie die angewandte Bautechnik im Zentrum der Fragestellungen.

Kommandantenbau

Hier konnte anhand der unterschiedlichen Mauerstärken und -verläufe des Kellers gegenüber den oberen Geschossen nachgewiesen werden, dass dieser Bau ursprünglich eine andere Form hatte und später verändert wurde. Der bauzeitliche Verlauf der Grundmauer geht deutlich nach außen. Außerdem ist die Grundmauer wesentlich stärker als im oberen Bereich. Die Fugen im Innenraum weisen auf Anpassungen der alten Strukturen an den neuen Mauerverlauf hin.

Französischer Bau

Hinsichtlich des Flügelanbaus wurde zunächst untersucht, ob dieser gemeinsam mit dem Französischen Bau von 1561 – 64 errichtet wurde. Dies konnte anhand des verzahnten Quadermauerwerks mit durchgehenden Lagerfugen (2. UG außen und innen, 2. OG innen) nachgewiesen werden.


Interessant erschien die Nordwand des Anbaus zum Hauptflügel hin. Hier sind vielfache Veränderungen erkennbar, die auf die Nutzung der Räume hinweisen. Auffallend ist eine über mehrere Geschosse durchlaufende Wandnische,  die wegen der vorgefundenen Putz- und Farbreste bauzeitlich sein muss. Im EG lässt sich der ersten Bauphase die Nischenleibung mit Farbfassung und ein historischer Fußbodenaufbau zuweisen.

Genauso bauzeitlich ist ein seitlicher Zugang im 1.OG vom Herrentrakt, der diagonal in den Anbau führt und die sonst sich weitenden Fensternischen hier rechtwinklig zur Wandflucht abschließt. In diesem Bereich befindet sich ein mit mehrfachen Überfangbögen aufwendig in Haustein hergestelltes Kaminsystem, das pro Geschoss einen Kachelofen bediente und vom Hauptflügel aus über kleine in die Wand eingelassene Kammern beschickt wurde und wohl der Entstehungsphase des Französischen Baus zuzuordnen ist.

Erst später wurde o.g. Wandnische mit Kaminzügen ausgestattet. Der auf der Seite des Hauptflügels vorgefundene neuzeitliche offene Kamin muss ursprünglich wohl an anderer Stelle gestanden haben. Dies wird im 2. OG deutlich: Hier wurde die Nische zunächst zum Hauptbau hin geöffnet und durch einen ersten Kamineinbau teilweise zugemauert. Gleiche Putzschichtdicken und abgearbeitete Kanten beiderseits der verbliebenen Nischenöffnung beweisen aber, dass die vollständige Zusetzung erst später erfolgte. Die Übereinstimmung der Fugen der zweiten Zusetzungsstufe mit den Eckpfeilern des heute auf der anderen Wandseite im Hauptbau befindlichen Kamins weisen diesen als jüngste Zutat aus. Auch der offene Kamin im EG ist erst im 20 Jh. errichtet worden.
An den Feueröffnungen selbst zeigen sich viele Spuren. So wurde die Schüröffnung zum Befeuern der Öfen nach und nach verkleinert, was exemplarisch die Entwicklung neuer Feuerungstechniken wiederspiegelt.
Die in den oberen Geschossen befindlichen Portale, die unter dem Brand stark gelitten haben zeigen die ursprüngliche Pracht dieser hellen Räume.

Kamin im Herrenerker

Bei der Untersuchung des Herrenerkers ging es um die Frage, ob der angrenzende Kamin aus der Bauzeit (16. Jh.) stammt oder ein Werk der historistischen Umbauphase ist. Zunächst wurde dies anhand der Ziegel-Innenschale des Herrenerkers untersucht. Das Format der Ziegel entspricht dem Reichsformat, das dem 19. Jh. zuzuordnen ist. Zudem steht die Fuge zwischen Ziegelschale und Erkeraußenwand einer gleichzeitigen Errichtung beider Bauteile entgegen. Die Ziegelschale überdeckt auch die Kaminquader und ist daher jünger. Klarheit brachte die Untersuchung des Putzanschlusses auf der Westseite des Kamins. Fassungsreste auf dem Putz weisen ebenso wie der exakte Anschluss des Putzes an den Kamin auf die gleichzeitige Errichtung hin. Somit stammt der Kamin wesentlich aus dem 16. Jh.

Heidenbau

Die im Heidenbau vorgefundene Bohlenstube mit Rauchkammer (Schüröffnung) ist nicht bauzeitlich. Ihre Wände sind nicht mit den Außenwände des Gebäudeteils verzahnt. Die Nutzung an dieser Stelle kann jedoch anhand der Rauchspuren nachgewiesen werden. Die Rauchkammer hatte einen oberen gewölbten Abschluss. Die Bohlen-Balken-Decke der Stube wurde wohl aus zweitverwendeten Elementen zusammengefügt. Die Fensternische und -öffnung wurde für den Wohnzweck vergrößert. Ursprünglich hatte der Raum hier nur eine Schießscharte, die sich von außen noch anhand der Natursteinrahmung, von innen anhand der Leibungsausbildung und der Abarbeitung der Steine ablesen läßt.

VI 2008