Der Französische Bau der Veste Heldburg
ANALYSE DER BAUPHASEN, BAUTECHNIK UND NUTZUNG AM FRANZÖSISCHEN BAU
Betreuung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling
Bearbeiter: Lena Klahr, Alexandra Tanner
Eigentümer und Kooperationspartner:
Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
Schloss Heidecksburg
07407 Rudolstadt
Die diesjährigen Untersuchungen befassten sich mit der Ausstattung und Konstruktion der fürstlichen Wohnräume des 1. Obergeschosses des Französischen Baus. Dieser Teilbau der Veste Heldburg, wurde ab 1560 errichtet und 1982 durch einen Brand teilweise zerstört.
Die Sandsteinportale
Raumorganisation und Nutzung
Die Räume des 1. Obergeschosses sind in einer Enfilade angeordnet und durch sieben Sandsteinportale mit einander verbunden. Diese gleichartigen Portale haben einerseits eine übergeordnete Rolle als alle Räume verbindendes Element und andererseits als Schmuckausstattung insbesondere der repräsentativen Erkerräume.
Die Räume sind in zwei gespiegelten Raumgruppen aus Erschließungsraum, Erkerraum und Schlafraum angeordnet. Die Hierarchie der Räume drückt sich nebst ihrer Größe in der Orientierung der Portale aus: Die beiden Erkerzimmer mit beidseitig zugewandten Portalen sind die wichtigsten Räume, von denen aus die Ausstattung geplant wurde und um die herum die untergeordneten Räume angeordnet sind (Abb. 01). Die Gesamtheit der Räume kann durch die Blickachse wahrgenommen werden, welche durch die leichte Versetzung der Portale gegeneinander die Vielschichtigkeit der Raumabfolge zeigt (Abb. 02, 03).
Konstruktion der Portale
Die Portale wurden jeweils aus sechs Sandsteinblöcken errichtet, die auf einem Modul von 25 cm aufgebaut sind (Abb. 04d). Der heutige Zustand entspricht nicht mehr dem bauzeitlichen, zu Gunsten eines höheren Durchgangs wurde das Mittelstück der Schwelle herausgetrennt. Dies lässt sich anhand der Abarbeitungsspuren und der unterschiedlichen Dimensionen der Steine nachweisen (Abb. 04b, c).
Konstruktion der Türen
Anhand der Durchgangshöhen sowie der Dübellöcher am Türgewände lassen sich vorerst zwei Zustände rekonstruieren: Für den Blendramen der Tür des 19. Jh. sind je Portal 12 Dübellöcher in regelmäßigem Abstand im Falz auf der Rückseite angeordnet (Abb. 04a). Für die bauzeitliche Tür lässt sich anhand von Farbfassungsresten und Abarbeitungsspuren ein schmalerer Falz von nur 3 cm für den Türanschlag nachweisen. Diese Tür war mit zwei Kloben am rechten Türgewände befestigt, wie zwei Dübellöcher zeigen. Am linken Türgewände befinden sich ein Dübelloch sowie zwei Metalldübel, möglicherweise die Befestigung für das Türschloss und zwei Türriegel (Abb. 04a, d).
Fensterbogenkonstruktionen
Geometrischer Entwurf
Die geometrische Konstruktion der Fensterbögen im 1. Obergeschoss zeigen einige ungewöhnliche Merkmale auf. Nicht nur die Radien und dementsprechend auch die Spann weiten der Fensterbögen weichen voneinander ab, auch die Lage des Mittelpunktes, von wo aus die Bögen geometrisch entworfen worden sind, zeigen kaum Übereinstimmungen.
Die Stichhöhen der Fensterbögen sind hingegen zum größten Teil einheitlich, liegen jedoch nicht immer im Bogenmittelpunkt, weshalb sich z.T. leicht verzogene Geometrien ergeben (Abb. 05, 06).
Raumgefüge
Die Fensternischen nehmen in den Räumen 14.1.02/03/05 jeweils die gesamte Raumbreite auf. Die Größe des Raumes und der Fenster lassen zusammen mit der Abfolge der Räume eine klare Nutzungshierarchie erkennen. Die Fenster sind durch unterschiedlich abgeschrägte Wände in den Raum eingebunden und zeigen somit keine klaren Kanten. Die größtmögliche Ausnutzung des Lichtes sowie die achsiale Ausrichtung der Fenster zueinander waren beim Entwurf des Raumes off ensichtlich bestimmend.
Konstruktion der Fensterbögen
Die Fensterbögen sind aus verschieden farbigem Sandstein mit Schiefereinlagen errichtet. Es lassen sich unterschiedliche Oberflächenbearbeitungen erkennen, woraus sich auch hier eine allgemeine Hierarchisierung der Wandteile ableiten lässt. Die Steine binden in das Mauerwerk der Bogenkonstruktionen ein, gehen jedoch nicht hindurch. Es sind folglich zwei unabhängige Bogensysteme erkennbar. Bemerkenswert sind auch die Kämpferlinien, die nicht horizontal parallel zueinander, sondern leicht ansteigend bzw. abfallend sowie teilweise divergierend verlaufen.Zusammen mit den Beobachtungen des geometrischen Entwurfes der Bögen lassen sich somit Rückschlüsse auf eine relativ aufwendige Konstruktion ableiten: Die Leergerüste wurden, abhängig von Raumgröße sowie der achsialen Ausrichtung der Fenster zueinander, für jeden Fensterbogen separat entworfen. Die Kämpferlinien sowie der Mauerwerksverband lassen vermuten, dass für jeden Bogen zudem zwei unabhängige Leergerüste errichtet wurden.
Klahr & Tanner, 2010