Das Südportal der Kathedrale Saint-Étienne in Meaux

Restaurierungswissenschaftliche Untersuchung der Schadensbilder, Oberflächen und Fassungen

Leitung: Prof. Dr. Stephan Albrecht, Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling

Mitarbeiter: Tobias Apfel, Nora Bruske, Jan Fuhrmann, M.A., Jürgen Giese, M.A., Heike Müller, Max Rahrig, Christopher Retsch, Jakob Scharf, Henriette Thorau, Dipl.-Ing. Nils Wetter, M.A.

 

In Abstimmung mit den kunsthistorischen und bauforscherischen Fragestellungen zum Südportal der Kathedrale von Meaux erfolgte die Erhebung der  Schadensbilder sowie eine detaillierte Untersuchung der Oberflächen und Bearbeitungsspuren. Auch die Frage, ob sich historische Farbfassungen auf dem Portal finden lassen, sollte geklärt werden. Dazu wurden eine fotographische Dokumentation erstellt und Materialproben entnommen.

 

Erhaltungszustand und Schadensbilder

Das Südportal der Kathedrale von Meaux zeigt erhebliche Schadensbilder (Abb. 04-07). Zum einen ist der Stein feuchtigkeitsempfindlich, zum anderen durch Umwelteinflüsse und Vandalismus stark beschädigt. Dies war vermutlich der Grund für zahlreiche Steinauswechslungen am Portal, die durch den besseren Erhaltungszustand sowie einen geringeren Verschmutzungsgrad vom älteren Bestand abgegrenzt werden können.Die meisten der Skulpturen aus den  Archivoltenbögen und dem Tympanonfeld verloren während der Religionskriege im 16. Jahrhundert ihre Köpfe und Attribute(Abb. 01, 02).

Auf den Oberflächen zeigen sich Schmutzablagerungen und Verschwärzungen (Abb. 04). Die Gefährdung des Bestandes wird besonders auf Abbildung 05 deutlich, die starke Steinschädigung durch Schalenbildung und
Abbröckeln des Gesteins zeigt.

Darunter lässt sich die eigentliche helle Farbigkeit des Steins erkennen. Teilweise sind gelbe punktförmige Agglomerate eines  biogenen Befalls zu erkennen, die zum einen auf der schwarzen Verschmutzung liegen, zum anderen auch auf den Ausbruchstellen der Gesteinsoberfläche (Abb. 07). Dieser Befall ist besonders ausgeprägt auf den zahlreichen  Schwalbennestern am Portal, da diese offenbar einen eiweißreichen Nährboden darstellen.

Die im 19. Jahrhundert ersetzten Teile des Portals sind an ihrem vergleichsweise guten Erhaltungszustand von den erhaltenen mittelalterlichen Originalen gut zu unterscheiden (Abb. 02, 03, 06). Die äußere Archivolte wurde ersetzt und mittels Anstückungen und Auswechslungen an die inneren angeschlossen.

Bearbeitungsspuren

Die mittelalterlichen Skulpturen und Profile zeigen den Einsatz eines flach  gezahnten Schabeisens, mit dem die Kalksteinoberflächen sehr sorgfältig geglättet wurden (Abb. 02, 04, 07). Im 19. Jahrhundert verwendete man vor allem ein breites Zahneisen und ebenfalls ein feines Schabeisen (Abb. 03, 06).

Im Innenraum wurden gewaltige Flächen im 19. Jahrhundert mit der Zahnfläche
überarbeitet. Dabei wurden die Farbfassungen des Mittelalters und späterer Epochen im Chor, im südlichen Querhaus, im östlichen Langhaus und auf den Gewölben bis auf wenige Reste entfernt (Abb. 08, 09).

Farbbefunde

Auf den Kapitellen und an Stellen, die nachträglich nur schwer zu erreichen waren, lassen sich noch Spuren der reichen farbigen Gestaltung des Innenraums finden (Abb. 08, 09). Auf den Außenflächen des Südportals sind Fassungen weniger eindeutig als im Innenraum zu bestimmen, da die Oberfläche stark verschmutzt ist.

Auf den Steinauswechselungen des 19. Jahrhunderts ist eine gelbliche Lasur sichtbar, welche vermutlich aus konservatorischen Gründen aufgetragen wurde (Abb. 06). Spuren einer UVaktiven Schicht sind an einem Probenpartikel von einem der Baldachine erkennbar (Abb. 10, 11). Auf dem Mörtel zwischen Tympanonfeld und Archivoltenbogen sind zudem Spuren einer ockergelben Farbe zu sehen, die von dem biogenen Befall (Abb. 07) zu unterscheiden sind und das Vorhandensein von Fassungen auf dem Portal belegen.