Adelssitze zwischen 1450 und 1600 in Franken - Wohn- und Repräsentationskultur des Adels in der Frühen Neuzeit
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling
Mitarbeiter: Dr. Volker Rößner, Helena Wagner
Laufzeit: Seit 2009
Projektbeschreibung
Der Bau von Burgen, Schlössern und Herrensitzen seit dem 10. und bis ins 20. Jahrhundert hinein hat die mitteleuropäische Kulturlandschaft nachhaltig geprägt. Bis heute sind landesräumliche und städtebauliche Strukturen durch ihre Anlage bestimmt. Die lange, von der rechtlichen Bedeutung der Herrschaften und ihrer Zentren abhängige Ortskontinuität hat dazu geführt, dass die meisten Anlagen immer wieder den sich verändernden Nutzungs- und Repräsentationsbedürfnissen angepasst und umgebaut wurden [Zeune 1996; Breitling 2005]. Dadurch bieten die erhaltenen Bauten heute in der Regel ein heterogenes Bild, viele Phasen ihrer Baugeschichte sind nur noch in Fragmenten erhalten. Was man aus kunsthistorischer Sicht bedauern mag, beinhaltet neben dem pittoresken und dem romantischen vor allem einen hohen historischen Zeugniswert. Die Burgen und Schlösser Mitteleuropas sind in besonderer Weise Träger der Geschichte und wirken so vielerorts als kulturelle Identifikationspunkte [Deutsche Burgenvereinigung 1999; Biller/ Grossmann 2002].
Die baulichen Veränderungen, die die Adligen zwischen 1450 und 1550 an ihren Sitzen vornahmen, stellen eine der spannendsten Entwicklungsstufen der Geschichte des mitteleuropäischen Adelssitzes dar. Im Zeitalter der Renaissance, am Übergang vom sogenannten Burgen- zum sogenannten Schlossbau ist ein sich zunehmend selbst bewusst werdender Gestaltungswille kenntlich, mit dem sich eine privilegierte Bauherrenschicht architektonisch neu definiert [Schütte 1994]. Reformation und Bauernkrieg, aber auch die Entwicklung der Artillerietechnik beeinflussten zusätzlich die Planungen. Die in dieser Zeit gefundenen Lösungen für unterschiedliche Nutzungsanforderungen bestimmten die weitere Entwicklung, viele Anlagen erhielten ihre endgültige Ausdehnung oder eine regelmäßigere Gestalt, prägen so das Erscheinungsbild mancher Burgenlandschaft und auf diese Weise auch unsere gegenwärtigen allgemeinen Vorstellungen von einem Adelssitz. Merkwürdigerweise gibt es kaum Forschungen, die diese Phänomene des späten 15. und 16. Jahrhunderts im Zusammenhang und unter Berücksichtigung der tatsächlich realisierten Bauten untersuchen - weder für den fränkischen Raum noch für das deutschsprachige Gebiet insgesamt [Ausnahmen sind u. a. Burgenvereinigung 2006; Breitling 2005]. Allenfalls die fürstlichen Residenzen haben eine gewisse Würdigung erfahren [Hoppe 1996; Fleck 2003]. Dieses Forschungsdefizit ist wissenschaftsgeschichtlich zu begründen: Die Burgenforschung interessiert sich traditionell vor allem für das späte Mittelalter und die Renaissanceforschung ist nach wie vor italozentrisch [zur Problematik Hoppe 2008], womit die für den mitteleuropäischen Burgen- und Schlossbau entscheidenden Parameter nur höchst unvollkommen erfasst werden.
Dabei sind die Einzelbauten selbst dank akribischer archäologischer und bauarchäologischer Forschung heute zumeist hervorragend dokumentiert. In besonderem Maße gilt dies für die Burgen und Schlösser in Franken, für die auch die Quellenlage im Vergleich mit anderen Burgenlandschaften sehr gut ist. Durch die vergleichende Sammlung und Auswertung von Einzelforschungen [z. B. Kunstmann 1967; Zeune 2009], von Archivmaterial und von dendrochronologischen Untersuchungen lässt sich detailliert nachweisen, aus welchen Intentionen heraus, unter welchen Einflüssen und mit welchen Mitteln die Bauherren ihre Sitze umgestalteten. Die Auswirkung allgemeiner Tendenzen und zeittypischer Erfordernisse und Möglichkeiten auf das einzelne Baudenkmal werden deutlich.
Ziel des FNK-Projektes ist die Erforschung des adeligen Repräsentationsbaus in Franken in der Zeit des Übergangs von der Burg zum Schloss zwischen 1450 und 1600. Im Rahmen des beantragten FNK-Projekts soll überprüft werden, welche Aussagen zur Baukultur der Renaissance durch den Vergleich von Baubefunden und Archivquellen gewonnen werden können. Dies dient der Vorbereitung für ein weiterführendes DFG-Projekt, in dem der frühneuzeitliche Schlossbau im deutschsprachigen Raum dargestellt werden soll.