Untersuchungen zum spätmittelalterlichen Backsteinbau im bayerischen Voralpenraum unter besonderer Berücksichtigung der Region Schwaben
Bearbeiterin: Claudia Eckstein M.A.
Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling
Forschungsstand
Während für die Backsteinarchitektur Norddeutschlands und des Ostseeraums mit dem Begriff der Backsteingotik eine eigene regionale und vielfach untersuchte Baukultur definiert ist, bildet die Architektur des süddeutschen Raums hinsichtlich der Backsteinverwendung ein bislang wenig beachtetes Desiderat der Forschung.
Ausgehend von umfangreichen Untersuchungen am Münster in Ulm, einem in wesentlichen Teilen aus Backstein errichteten Monumentalbauwerk des ausgehenden 14. – 16. Jhs., und auf Grundlage von Forschungen zur reichsstädtischen Backsteinproduktion und -verwendung im Ulmer Stadtraum, stellte sich die Frage nach der Bedeutung dieses Baumaterials im Spätmittelalter über die Stadtgrenzen Ulms hinaus.
Methodik und Schwerpunkte
Um einen Überblick der regionalen Verbreitung des Baumaterials zu erlangen, wurde eine Kartierung der mit Backstein errichteten Bauten anhand zahlreicher Inventarbände vorgenommen. Der umfangreiche Einsatz des gemeinhin als „billig produzierbar“ geltenden Baustoffs in der Region des heutigen Schwaben zwischen 1200 und 1500 wird dabei klar ersichtlich. Die tatsächlichen Kosten und die naturräumlichen Bedingungen sind dabei wesentliche Aspekte, die erheblichen Einfluss auf die Materialwahl gehabt haben dürften, was im Laufe der Forschung anhand ausgewählter Beispiele näher untersucht werden soll.
Ebenso steht die bautechnische Entwicklung, also der konkrete Umgang mit dem Material hinsichtlich der verwendeten Formate und Mauerwerksverbände im Fokus. Dieser Aspekt steht wiederum in engem Zusammenhang mit der ursprünglichen Außengestaltung der Backsteinbauten; so lassen Fertigkeit und Sorgfalt in der Bauausführung durchaus Rückschlüsse auf die intendierte Materialsichtigkeit bzw. Verputzung des Mauerwerks zu und sind damit wesentlicher Bestandteil der Untersuchung. Mithilfe detaillierter Mauerwerkskartierungen ausgewählter backsteinsichtiger Bauten auf Grundlage von Messbildern werden die charakteristischen Mauerstrukturen visuell schnell erfass- und vergleichbar. Diese Methode soll zur Klärung der Frage beitragen, in welchem Umfang die heute steinsichtigen Backsteinbauten der Region einst ihre Materialität zeigten.
Ein wesentlicher Indikator für die technische Entwicklung der Backsteinbauweise ist auch in der Form und Konstruktion von Gestaltungselementen zu sehen, für die sich auch im schwäbischen Raum durchaus eigene Entwicklungslinien nachzeichnen lassen. Formsteinsysteme und Reliefplatten fanden auch hier ihre Verwendung und bilden, wie anhand der Kartierung deutlich wird, interessante Verbreitungsmuster, die es weiter nachzuverfolgen gilt.
Ausblick
Insgesamt ist für die bisher untersuchte Region Schwaben eine weitreichende Verwendung des Baumaterials spätestens vom 13. Jh. an zu konstatieren, wobei der umfangreichste Einsatz eindeutig im 15. Jh. zu verzeichnen ist. Hinsichtlich der verwendeten Formsteinsysteme und Formate sind insbesondere die regionalen Verbreitungsmuster von großer Aussagekraft und geben Anlass, diese Aspekte mit weiteren ausgewählten Bauten jenseits der Region zwischen Iller und Lech zu vergleichen. Auf diese Weise soll ein umfangreiches Bild der Verbreitung und bautechnischen Entwicklungstendenzen des Baumaterials innerhalb des süddeutschen Raums gewonnen werden, deren Baukultur bisher zu Unrecht eher wenig mit dem gebrannten Stein in Verbindung gebracht wurde.
(Stand 05/2017)