Karrierechancen für Politikwissenschaftler im Journalismus
Journalismus: Früh übt sich, wer eine Stelle haben will
Von Michael Kerler
Arbeitsplätze bei Zeitung, Agentur und PR gibt es aber nach wie vor. Philipp Halstrick (Reuters) und Markus Moll (Pressesprecher) beim BAD-Karriereabend.
Für viele sind sie "Schmierfinken" oder "Klatschreporter", im besten Fall "Schreiberlinge". Auf der Beliebtheitsskala rangiert die schreibende Zunft immer ganz weit unten, irgendwo zusammen mit Politikern und Gewerkschaftsfunktionären. Trotzdem ist der Journalismus für viele ein Traumberuf. Mit dem Mikrofon aus Jerusalem berichten, mit kritischer Feder die Berliner Politik verfolgen, das alles hat seinen Reiz. In kaum einer anderen Branche kommen deshalb auf den Ausbildungsplatz - der im Zeitungswesen Volontariat heißt - derart viele Bewerbungen. Wie kann da der Berufseinstieg gelingen? Daß für Sozialwissenschaftler viele Chancen bestehen, verdeutlichten Dipl.-Pol. Philipp Halstrick (Reuters Berlin) und Dipl.-Pol. Markus Moll (Landratsamt Main-Tauber Kreis) auf dem BAD-Karriereabend Ende Januar 2006.
Im Jahr 2000 machte Philipp Halstrick als Politologe in Bamberg seinen Abschluß und begann sein Volontariat bei der Nachrichtenagentur Reuters in Frankfurt. 2003 wurde er Leiter der neugegründeten Auslandsredaktion für Politik und Wirtschaft in Berlin; derzeit leitet er 20 Redakteure. Die schnelle Karriere war aber kein Zauberwerk. "Zum einen hatte ich viel Glück; ich habe angefangen, als an allen Ecken und Enden Wirtschaftsjournalisten gesucht wurden", sagte er. Gleichzeitig hatte er aber bereits während des Studiums zielstrebig den Weg in den Journalismus eingeschlagen. "Das begann bei der Zeitung in Koblenz", erst später kamen Praktika bei der Frankfurter Allgemeinen und dem Magazin "Capital" hinzu. Berufsinteressenten rät er, unbedingt im Lokalen zu starten, um das Handwerkszeug zu lernen und ein Gefühl für die Arbeit zu bekommen. Auch Rückschläge sollten nicht entmutigen. Halstrick selbst scheiterte bei einer Journalistenschule, weil seine Reportagen zu sachlich waren und sich zu sehr auf Fakten konzentrierten, statt Sinneseindrücke wiederzugeben.
Spätestens die schiefgegangene Reportage zeigte ihm, daß sein Herz eher für den Nachrichtenjournalismus schlägt. Dort muß schnell, sachlich, nach Wichtigkeit geordnet berichtet werden. Heute bei Reuters besteht die Arbeit darin, Nachrichten aus aller Welt in kürzester Zeit für deutsche TV-Sender und Zeitungen aufzubereiten. Oftmals käme es auf Minuten oder Sekunden an, so der Bamberger Absolvent. "Wenn vor zwei Minuten eine Meldung ankam, wir sie gerade übersetzt und freigegeben haben und sie wenige Sekunden später bei n-tv auf dem roten Band läuft, dann ist das ein Kick", sagt er. Halstrick bezeichnet sich selbst als "Nachrichtenjunkie", ist 24 Stunden erreichbar; seine Redaktion arbeitet rund um die Uhr. Angehenden Journalisten rät er deshalb, sich gezielt zu überlegen, in welchem Bereich sie arbeiten wollen. Praktikums- und Volontariatsplätze gibt es bei Reuters derzeit durchaus. Voraussetzung sind sehr gute Kenntnisse des Englischen, Wissen über das Unternehmen und journalistische Grunderfahrung.
Einen anderen Weg zwischen Journalismus, Verwaltung und Politik hat Markus Moll im vergangenen Jahr eingeschlagen. Nach einem Volontariat in der Bad Mergentheimer Lokalredaktion der Ulmer Südwestpresse ist er seit November der Pressereferent des Landratsamtes Main-Tauber. Er stellt das Scharnier zwischen dem Landkreis, der rund 1400 Mitarbeiter beschäftigt, und den Medien. Hauptsächlich besteht die Arbeit des Bamberger Absolventen des Jahrgangs 2003 darin, Pressemitteilungen herauszugeben. Viele davon schreibt er selbst. Er betreut die Netzseite des Amtes und gibt Redakteuren und Reportern von Zeitung, Funk und Fernsehen Auskunft.
Früh übe sich, wer nach dem Studium schreibend tätig sein will: Auch Markus Moll jobbte schon lange vor Studienabschluß als Journalist: Er arbeitete als freier Mitarbeiter für seine Lokalzeitung. Am Wochenende vertrat er den Redakteur einer kleinen Außenstelle. Nach dem Volontariat hatte Markus Moll die Wahl zwischen der Stelle als Pressesprecher und einer Stelle als Politikredakteur im Mantelteil einer regionalen Zeitung. Er sagte die Stelle als Politikredakteur ab und bereut es nicht: "In der Öffentlichkeitsarbeit hat man viele Gestaltungsmöglichkeiten." Die Tätigkeit als Politikredakteur kannte er dagegen noch aus einem Praktikum. Sie beschränkte sich meist auf das Redigieren der Meldungen großer Nachrichtenagenturen. "Auf die Dauer ist das zum Gehirnrausschrauben."
Wer als Bamberger Student bei der Presse Fuß fassen will, dem rät er, erst nach dem Studium ein Volontariat zu beginnen. Auch wenn man früher eines angeboten bekäme. Das Studium brächte einem die nötige Autorität, wenn Bürgermeistern oder dem Regierungspräsidium kritische Fragen zu stellen sind. Außerdem öffnet erst das Diplom die Tür für gehobene Positionen. In Hinblick auf das Studium rieten beide Journalisten den rund 100 Zuhörern, lieber in den Fächern Verwaltungswissenschaft und Politische Systeme die Ohren zu spitzen als in Kommunikationswissenschaft. Dort hätten ihnen allenfalls die praktischen Übungen viel für das Berufsleben gebracht.