Qualifikationsziele im Bachelor-Nebenfach mit 45 ECTS
In Folge des Bologna-Prozesses ist die kompetenzorientierte Lehre in den Mittelpunkt gerückt. Dadurch hat auch die Formulierung von Qualifikationszielen an Bedeutung gewonnen. Sie dienen Studierenden, Studieninteressierten und potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern u. a. als Anhaltspunkt, welche Kompetenzen Studierende nach Beendigung eines bestimmten Studiengangs besitzen.
Die aus der ehemaligen Volkskunde hervorgegangene Europäische Ethnologie firmiert als sogenanntes Vielnamenfach an verschiedenen deutschsprachigen Standorten auch unter Empirische Kulturwissenschaft / Kulturanthropologie / Vergleichende Kulturwissenschaft.
Wissenschaftliche Befähigung
- Die Absolventinnen und Absolventen kennen aus den beiden Grundlagenmodulen zum wissenschaftlichen Arbeiten sowie zur Fachgeschichte und zum Umgang mit Fachtexten die wichtigsten Inhalte der komplexen Fachgeschichte der Europäischen Ethnologie sowie ihre grundlegenden methodischen Zugänge (z.B. empirische Methoden wie das qualitative Interview oder die Arbeit mit Egodokumenten und Medieninhalten) und verstehen die Grundlagen qualitativer Forschung. Sie kennen erste fachspezifische Fragestellungen und können die mögliche Komplexität von Begriffen erkennen. Mit weiteren ausgewählten Methoden des Faches (z. B. der teilnehmenden Beobachtung) sind sie durch Feldaufenthalte vertraut und können deren Grundzüge unter Anleitung erarbeiten.
- Die Absolventinnen und Absolventen des Faches Europäische Ethnologie haben in den fachwissenschaftlichen Modulen, in denen z.B. Fragen zum Kulturerbe, zum Strukturwandel im ländlichen Raum, zu Gender- und Generationsdebatten oder zur Analyse populärer Diskurse verhandelt werden, grundlegende Kenntnisse über kulturelle Phänomene der europäischen Gesellschaften in Geschichte und Gegenwart erworben. Sie sind in der Lage, kulturelle Phänomene und Entwicklungen hinsichtlich der Organisation des Alltags und des Zusammenlebens in einer zunehmend pluralisierten Gesellschaft in ihre historischen, räumlichen und sozialen Zusammenhänge einzuordnen.
- Die Absolventinnen und Absolventen haben in Referaten, schriftlichen Arbeiten und mit Hilfe digitaler Präsentationen in den beiden Seminaren bewiesen, dass sie alltagskulturelle Phänomene sowohl vergangener also auch gegenwärtiger Lebenswelten (z.B. Ernährung, Gesundheit, immaterielles Kulturerbe, Digitalität) analysieren können. In einem weiteren Seminar haben sie ihre Kenntnisse der Kulturanalyse mit frei wählbarem Schwerpunkt vertieft. Dazu können sie die nötigen Arbeitsschritte zielgerichtet planen und durchführen. Sie sind in der Lage, nach den Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis zu arbeiten, strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die eigenen und die Beiträge Dritter zu wahren, alle Ergebnisse konsequent zu überprüfen sowie kritische Diskurse zuzulassen. Konkret haben sie gelernt:
- ein kulturelles Phänomen in fachgeschichtliche und aktuelle Diskurse der Europäischen Ethnologie einzuordnen,
- eine europäisch-ethnologische Fragestellung zu formulieren (z.B. Kontinuität und Wandel von kulturellen Prozessen),
- unterschiedliche Quellen und relevante Literatur der Europäischen Ethnologie zu identifizieren, zu ordnen und im Rahmen einer Präsentation wiederzugeben,
- die methodischen Zugänge des Fachs in Grundzügen zu erläutern und anzuwenden,
- kulturelle Phänomene im Kontext interdisziplinärer und (inter-)nationaler Forschung zu deuten.
Befähigung zu einer qualifizierten Erwerbstätigkeit
- Die Absolventinnen und Absolventen haben sich im Rahmen je einer Übung zum Umgang mit Phänomenen der Vergangenheit und Gegenwart sowie zum Einsatz europäisch-ethnologischer Medienkompetenz vertiefte Kenntnisse in einem der folgenden Bereiche angeeignet: Kulturelle Bildung im Museum, Auswertung archivalischer Quellen, Umgang mit Objekten, Projekt-/Kulturmanagement oder Feldforschung, ethnographisches Filmen, Erstellung von Podcasts, Einsatz von sozialen Medien, z.B. in Museen oder Führen von Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Sie sind in der Lage, wichtige Aspekte des jeweiligen Arbeitsfeldes zu erläutern und unter Anleitung praktisch umzusetzen. Dadurch qualifizieren sie sich unter anderem für eine Weiterbildung im kulturwissenschaftlichen Bereich (z.B. Archiv, Museum).
- Weitere Kenntnisse, etwa zu Raum, Migration oder Digitalisierung, die die Absolventinnen und Absolventen im Rahmen von Übungen und Forschungsprojekten erworben haben, eröffnen Berufsfelder im Bereich des Stadtmarketings und Kulturmanagements, der interkulturellen Kommunikation sowie in Journalismus, Verlagen oder der Öffentlichkeitsarbeit. Sie können eine umfangreiche Recherche durchführen und mit unterschiedlichen Quellen umgehen. Außerdem erkennen sie komplexe kulturelle Zusammenhänge und können so neue Ideen für aktuelle Herausforderungen entwickeln, wie sie in schriftlichen Arbeiten gezeigt haben.
- Die Absolventinnen und Absolventen sind durch Aufenthalte im Feld auch außerhalb der gewohnten, universitären Lernumgebung in der Lage, fachrelevante Phänomene zu erkennen und zu analysieren. Sie können die gewonnenen Erkenntnisse strukturiert darlegen und kritisch einordnen. Komplexe kulturelle Zusammenhänge können sie anhand konkreter Beispiele der Alltagskultur veranschaulichen. Diese kulturvermittelnde Kompetenz ermöglicht Tätigkeiten im Bereich der Bildung oder der (inter-)kulturellen Kommunikation.
- Die Absolventinnen und Absolventen der Nebenfachvariante mit 45 ECTS-Punkten können nach Besuch der drei Aufbaumodule berufsfeldorientierte Inhalte wie z.B. Fragen zum immateriellen Kulturerbe oder materiellen Welterbe verstehen und diese zielgruppenorientiert präsentieren.
Persönlichkeitsentwicklung
- Absolventinnen und Absolventen verstehen kulturelle Vielfalt europäischer Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart. Durch ihre empathische Grundhaltung sind sie in der Lage, unterschiedliche Positionen einordnen zu können.
- Absolventinnen und Absolventen sind in der Lage, kulturelle Spannungsverhältnisse aus historischer, gesellschaftlicher und regionalspezifischer Sicht zu erklären. So können sie Entwicklungen wie das Wiedererstarken von Nationalismus bzw. Populismus mit historischen Ereignissen vergleichen und Parallelen erkennen.
- Sie haben sich einen Einblick in kulturell relevante Themen verschafft, diesen bei Exkursionen vor Ort vertieft und verfügen über ein Verständnis für die kulturelle Vielfalt Europas und/oder innerhalb der eigenen Gesellschaft. Sie haben kulturvergleichende Aspekte kennengelernt und können Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen.
- Sie sind es gewohnt, differenziert zu denken und schließen auch von Exklusion betroffene Menschen/Gruppen in ihre Überlegungen ein. Sie können ihre emische Sichtweise rekonstruieren und wertfrei wiedergeben.
- Absolventinnen und Absolventen sind in der Lage, verschiedene Perspektiven gegeneinander abzuwägen. Sie haben ein Bewusstsein für gesellschaftliche und kulturelle Herausforderungen in Vergangenheit und Gegenwart entwickelt, sodass sie zu neuen Lösungsansätzen reflektiert in demokratischem Gemeinsinn beitragen können.
- Sie haben ein berufliches Selbstbild (z. B. in Kombination mit dem jeweiligen Hauptfach) entwickelt und kennen alternative Entwürfe. Die Absolventinnen und Absolventen sind sich ihrer Verantwortung bewusst, wichtige Grundlagen für Entscheidungen über aktuelle Probleme und Herausforderungen in unserer Gesellschaft zu schaffen (z.B. Umgang mit dem kolonialen Erbe).
- Sie können individuell und kooperativ, problementdeckend und problemlösend an einem konkreten Projekt arbeiten.
- Sie sind durch ihre eigenständige Studienplanung in der Lage, sich selbst zu organisieren und im Rahmen ihrer Kommunikation innerhalb des Faches und mit Laiinnen und Laien das eigene Handeln zu reflektieren, wie sie durch Gruppendiskussionen, Team-Aufträge und gemeinsame Arbeit an Forschungsprojekten während ihres Studiums gezeigt haben.
- Sie gestalten selbstkontrollierte Lernprozesse und eignen sich neues Wissen an.
- Sie haben eine kultursensible Haltung entwickelt und sind in der Lage, Reaktionskonzepte für die individuellen Bedürfnisse unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen zu entwerfen.