Profilschwerpunkt: Nachhaltigkeit
Auch der Lehrstuhl für Alttestamentliche Wissenschaften beteiligt sich an der gemeinschaftlichen Zielsetzung des Instituts für Katholische Theologie, theologisches und nachhaltiges Denken miteinander zu verbinden. In Forschung und Lehre ist es uns daher ein Anliegen, immer wieder Bezug auf die 17 »SDGs« (Sustainable Development Goals = Ziele für nachhaltige Entwicklung) zu nehmen.
Altes Testament und Nachhaltigkeit
In den alttestamentlichen Texten findet sich zwar das Wort »Nachhaltigkeit« nicht. Aber sie kennen viele der Überzeugungen, die mit dem Konzept verbunden sind: Sie spiegeln die Überzeugung, dass der Schöpfung eine gute und gerechte göttliche Ordnung eingestiftet ist, die vom Menschen handelnd zu realisieren ist. Sie zeigen den Menschen als in eine soziale Gemeinschaft eingebunden, in der das Wohlergehen der Menschen in prekären Verhältnissen oberster Rang zukommt. Mit Bezug auf biblische Texte wurden und werden aber auch Unrecht und Ausbeutung legitimiert.
Nachhaltig exegetisch zu arbeiten kann man also auf zwei Weisen verstehen:
- Welche Vorstellungen entwickeln die Texte thematisch in Bezug auf Nachhaltigkeit?
- Wie können Texte nachhaltig gelesen werden, so dass keine Lesarten begünstigt werden, die nachhaltigen Zielen entgegenstehen, sondern sie selbst für Nachhaltigkeit sprechen?
Beide Fragen sind Grundfragen, denen in den Lehrveranstaltungen am Lehrstuhl für Alttestamentliche Wissenschaften nachgegangen wird.
Nachhaltigkeit im Lehrprogramm
- GM I Einführung: Am Beispiel der biblischen Schöpfungserzählungen wird gefragt, wie Nachhaltigkeit biblisch gedacht werden kann. Indem nach einer Verhältnisbestimmung dem Judentum gegenüber gesucht wird, wird ein Beitrag zur interreligiösen Verständigung geleistet.
- GM I Methodenseminar: Im Rahmen der Erschließung eines alttestamentlichen Textes oder Buches werden exemplarisch nachhaltige Themen aufgezeigt. So zeigt z.B. die Rezeptionsgeschichte der Erzelternerzählungen, wie diese einseitig als »Geschichte der Patriarchen« gelesen wurden. Damit wird nach Geschlechtergerechtigkeit gefragt. Oder anhand der Josefserzählung können Bedingungen des Zusammenlebens verschiedener Ethnien im Rahmen von Migrationsbewegungen in den Fokus rücken.
- VM II / IV Seminar: Die Lehrveranstaltung als Ganze dient in der Regel dazu, nachhaltig exegetisches Arbeiten einzuüben. An verschiedenen Texten können z.B. unterschiedliche Konzeptionen im Verhältnis von »Israel und den Völkern« behandelt werden. Damit kann der Frage nachgegangen werden, welche verschiedenen Konzepte der Ko-Existenz von Nationen deutlich werden und welche Rolle in diesem Zusammenhang Religion(en) spielen.
- VM II / IV Projekt: In Projekten wird nachhaltigen Fragestellungen nachgegangen, auch mit außeruniversitären Partnern. Z.B. können Strategien zum Umgang mit Konflikten in alttestamentlichen Texten erhoben und deren Relevanz für ein Streitschlichterprogramm im schulischen Text erörtert und auch erprobt werden.
- Heilige Stätten und Traditionen: Durch Exkursionen wird ein Beitrag zu interreligiösem und interkulturellem Lernen geleistet. Am Beispiel Israel zeigt sich wie in einem Brennglas die Notwendigkeit nachhaltiger Politik für das friedliche Zusammenleben von Völkern und Religionen.
- EWS-Seminar: Diese Seminare geben exemplarisch Einblicke in zahlreiche Themen, die im Zusammenhang mit dem Nachhaltigkeitsdiskurs stehen. So kann z.B. der Frage nachgegangen werden, inwiefern antisemitismuskritische Bildung an Schulen zur Verringerung von Ungleichheiten und zu einem friedlichen Zusammenleben beitragen kann.
Nachhaltigkeit und Prüfungen
- Im Kontext der Modulprüfungen GM I und GM II / IV sind die Studierenden aufgefordert, nachhaltige Fragestellungen einzubeziehen. Ein Beispiel finden Sie hier.
- In Abschlussarbeiten können die Studierenden Themenschwerpunkte wählen, die mit dem Konzept der Nachhaltigkeit verknüpft sind.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im WiSe 24/25
GM Ib Simson – Liebhaber, Kraftmensch und Gott gesandter Retter (Ri 13-16)
Simsons Schwäche für die philistäischen Frauen wird ihm zum Verhängnis. Sein Vertrauen ihnen gegenüber beantworten sie mit Verrat. Er aber ist listig, verfügt über gewaltige Kräfte und vollbringt eine Heldentat nach der anderen. Was abenteuerlich zu lesen ist, wird jedoch als Zeichen des göttlichen Segens und Geistes gedeutet – zur Rettung des Volkes Israel.
Die Erzählung lässt nicht nur Fragen nach dem Verhältnis der Geschlechter und Geschlechterkonstruktionen aufkommen (SDG 5: Geschlechtergleichheit), sondern auch nach dem Verhältnis von Völkern, nach der Realität von Kriegen und der Möglichkeit von Frieden (SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen).
EWS-Seminar: Lehrer:innen gegen Antisemitismus - Repräsentationen des Judentums in Schulbüchern
Antisemitismus ist auch heute noch in Deutschland gegenwärtig. Er äußert sich meist nicht mehr in offen antisemitischen Forderungen, sondern indirekt z.B. im Hass auf Israel, in Verschwörungsmythen, in der Forderung nach einer „Überwindung“ der Vergangenheit oder in nationalsozialistisch geprägten Wörtern und Wendungen, die noch heute einen festen Platz in der deutschen Sprache haben. Mit dieser Realität werden auch künftige Religionslehrer:innen und Erwachsenenbilderner:innen konfrontiert sein: Über soziale Medien, Peer Groups etc. setzen sich Stereotype fort und werden meist unreflektiert wiedergegeben. Dies kann sich u.a. in Mobbing, antisemitischen Äußerungen auf dem Schulhof oder revisionistischen Aussagen im Geschichtsunterricht äußern. Hinzu kommen Darstellungen des Judentums in Schulbüchern, die teils implizit antisemitische Stereotype fortsetzen, statt durch Aufklärung mit ihnen zu brechen.
Diesen antisemitischen Stereotypen kann und sollte aber mit Aufklärung begegnet werden. In diesem Seminar setzen wir uns daher mit verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus auseinander (politisch, religiös, rechtsextrem etc., aber auch in der sogenannten bürgerlichen Mitte), um hochwertige, Ungleichheiten reduzierende Bildung an Schulen oder außerschulischen Lernorten zu ermöglichen.
Insbesondere die SDGs 4, 10, 16 und 17 werden angesprochen.
VM II Levitikus - Mitte der Tora und doch terra incognita im Christentum
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ - Das Nächstenliebegebot gilt vielen Christ:innen als das Zentrum der jesuanischen Botschaft. Weniger bekannt hingegen ist in der Regel, dass dieses Gebot bereits in der Hebräischen Bibel zu finden ist, genauer gesagt im Buch Levitikus (Lev 19,18). Dieses Buch, das von seiner Stellung her den Mittelpunkt der Tora bildet, wird im Christentum kaum direkt gelesen oder zitiert – zu befremdlich wirken die Opfer und Reinheitsvorschriften, die im Buch Levitikus beschrieben werden. Dabei haben sich zentrale Aspekte christlicher Theologie auf Grundlage eben jener Texte entwickelt. Ziel des Seminars ist es daher, sich dem Buch Levitikus anzunähern, sich mit Struktur, Entstehungshypothesen, und Grundkategorien des Buches Levitikus wie der Unterscheidung von »heilig« und »profan« auseinanderzusetzen.
Die reflektierte Lektüre ausgewählter Passagen bietet dabei zahlreiche Anknüpfungspunkte im Hinblick auf die 17 SDGs wie beispielsweise die Bestimmungen zum sog. Jobeljahr in Lev 25 oder die anscheindende Verurteilung von Homosexualität in Lev 18 und Lev 20. Insbesonders die SDGs 1, 5 und 16 werden angesprochen.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im SoSe 24
GM Ib (VM I alt): Garten Eden, Sintflut und Turmbau zu Babel – Ein Methodenseminar zur Urgeschichte (Gen 1–11)
Gerade in den Schöpfungserzählungen fragt das Alte Testament danach, wie Leben in seinen verschiedenen Aspekten gelingen kann: Wie soll das Zusammenleben der Geschlechter gestaltet sein? In welcher Beziehung steht der Mensch zu seiner Umwelt, welche Verantwortung trägt er? Wie gefährdet der Mensch die Welt, in der er lebt - und welche Lösungsperspektiven werden hierfür aufgezeigt?
Im Kontext der 17 SDGs (Ziele für nachhaltige Entwicklung) werden in dieser Lehrveranstaltung insbesondere Bezüge zu SDG 14/Leben unter Wasser, SDG 15/Leben an Land und SDG 5/Geschlechtergleichheit hergestellt.
Seminar (EWS): Liebe, Gewalt, Krieg und Frieden in der Bibel: Biblische Texte als Maßstab gesellschaftlichen Zusammenlebens?
Der Religionsunterricht zeichnet sich immer wieder verantwortlich für ethisches und moralisches Lernen (un-)bestimmter Werte und Normen (vgl. Kropac, U.: Ethisches Lernen im Religionsunterricht. In: Ethische Bildung, S. 324). Viele Grundprinzipien ethischen Handelns wie etwa die Nächstenliebe werden dabei biblisch abgeleitet. Auch die 10 Gebote gelten landläufig als Maßstab für gerechtes Tun oder als »Lebensregeln für eine gute Welt« (So Margot Käßmann, s. https://www.ekd.de/news_2004_03_25_1_kaessmann_zehn_gebote.html). Doch wie lässt sich das in Einklang bringen mit etwa der sog. Talionsformel »Auge um Auge, Zahn um Zahn« (Ex 21,24) oder folgender Forderung Gottes im Buch Ezechiel: »Euer Auge soll kein Mitleid zeigen, gewährt keine Schonung! Alt und jung, Mädchen, Kinder und Frauen sollt ihr erschlagen und umbringen.« (Ez 9,5–6)? Diesem Widerspruch von Liebe und Gewalt, Krieg und Frieden in der Bibel wird im Seminar anhand unterschiedlicher Texte nachgespürt, die Texte zeitgeschichtlich eingeordnet und so Missverständnisse heutiger Leser:innen ausgeräumen. Folgende Fragen sind dabei leitend: Können biblische Texte überhaupt als Maßstab für moralisch verantwortetes Handeln sowie für ein gelingendes gesellschaftliches Zusammenleben gelten und inwiefern gelingt bibeldidaktisches ethisches und moralisches Lernen in der Schule?
In diesem Seminar werden also unter anderem der Schulunterricht und damit Bildungsprozesse in den Blick genommen. Dass hochwertige Bildung die Grundlage für Innovationen, Verhaltensänderungen und letztlich die nachhaltige Entwicklung der Erde ist, benennt SDG 4 (Hochwertige Bildung) ganz explizit. Zudem tangiert die Frage nach gelingendem gesellschaftlichen Zusammenleben das SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen). Anhand der sog. zweiten Schöpfungserzählung wird zudem der Frage nach dem Verhältnis der Geschlechter nachgegangen (SDG 5 - Geschlechtergleichheit).
Heilige Stätten und Traditionen: Auf der Suche nach einem Schatz - Exkursion ins jüdische Erfurt
Seit den 90er Jahren ist einerseits das jüdische Erbe Erfurts in den Mittelpunkt des Interesses gerückt – Das Jüdische-Mittelalterliche Erbe in Erfurt wurde am 17. September 2023 in das UNESCO-Welterbe der Menschheit aufgenommen –, andererseits leistet die Aufarbeitung der Firmengeschichte von Topf & Söhne, den Ofenbauern von Ausschwitz, einen Beitrag zur Erinnerungskultur.
Das mittelalterliche jüdische Erfurt kann mit einer Reihe von Superlativen aufwarten: Die Alte Synagoge mit ältesten Bauspuren um 1094 ist eine der größten und am besten erhaltenen Synagogen dieser frühen Zeit; die Mikwe mit einer Hauptbauphase im 13. Jh. kann als Monumentalmikwe gelten; am Steinernen Haus mit einer Erbauungszeit um 1250 haben sich außergewöhnlich viele wesentliche Strukturen erhalten. Prominent sind zudem 15 mittelalterliche hebräische Handschriften, 75 Grabsteine aus der Zeit vom 13.–15. Jh. und der sog. Erfurter Schatz, der unter anderem einen einzigartigen Einblick in mittelalterliche Goldschmiedekunst ermöglicht. Daneben bietet Erfurt Zeugnisse der Gemeinde des 19. Jahrhunderts und den einzigen reinen Synagogenneubau auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nach 1945.
Der erst 2011 eröffnete Erinnerungsort Topf & Söhne zeigt, wie die Shoah durch Industrie und Privatwirtschaft ermöglicht wurde. Damit stellt sich auch die Frage, wie gegenwärtig eine demokratische Kultur gefördert werden kann.
Insbesondere die SDGs 4, 10, 16 und 17 werden angesprochen.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im WiSe 23/24
EWS-Seminar: Antisemitismuskritische Bildung an Schulen
Antisemitismus ist auch heute noch in Deutschland gegenwärtig. Er äußert sich meist nicht mehr in offen antisemitischen Forderungen, sondern indirekt z.B. im Hass auf Israel, in Verschwörungsmythen, in der Forderung nach einer „Überwindung“ der Vergangenheit oder in nationalsozialistisch geprägten Wörtern und Wendungen, die noch heute einen festen Platz in der deutschen Sprache haben. Mit dieser Realität werden auch künftige Religionslehrer:innen und Erwachsenenbilderner:innen konfrontiert sein: Über soziale Medien, Peer Groups etc. setzen sich Stereotype fort und werden meist unreflektiert wiedergegeben. Dies kann sich u.a. in Mobbing, antisemitischen Äußerungen auf dem Schulhof oder revisionistischen Aussagen im Geschichtsunterricht äußern.
Diesen antisemitischen Stereotypen kann und sollte mit Aufklärung begegnet werden. In diesem Seminar setzen wir uns daher mit verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus auseinander (politisch, religiös, rechtsextrem etc., aber auch in der sogenannten bürgerlichen Mitte), um hochwertige, Ungleichheiten reduzierende Bildung an Schulen oder außerschulischen Lernorten zu ermöglichen.
Insbesondere die SDGs 4, 10, 16 und 17 werden angesprochen.
GM Ib (VM I alt): Die Psalmen - lyrische Lobpreisungen Gottes
»Wie zahlreich sind deine Werke, HERR. Du hast sie alle in Weisheit gemacht, die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.« (Ps 104, 24) Mit diesem Ausruf drückt die Erzählstimme in Ps 104 ihre Bewunderung für Gottes Schöpfung aus. Ausgehend von Psalm 104 wird im Seminar nach der Verantwortung des Menschen für die gesamte Schöpfung gefragt und möglichen Anknüpfungspunkten für die 17 SDGs nachgespürt.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im SoSe 23
GM Ib: Jona – ein Prophet auf der Flucht vor Gott
Jona weigert sich. Als Gott ihn beruft, flieht er. Es scheint, als müsse er dafür mit seinem Leben bezahlen. Im Ende wünscht er sich sogar den Tod. Warum? Was als mirakulöse Erzählung bekannt ist, ist theologisch hochbrisant und konfrontiert die Leser:innen unmittelbar: Diskutiert werden grundlegende theologische Fragen, vor denen keine Flucht möglich ist.
Gott erscheint dabei als souveräner und universaler Schöpfergott, der über das Leben im Wasser und an Land gebietet, und als gnädiger und barmherziger Gott, an den sich sowohl die Seeleute als auch die Niniviten wenden. Welche Bedeutung haben diese Gottesvorstellungen angesichts der 17 SDGs? Die Seeleute und die Niniviten werden von einer Führungsperson geleitet, handeln aber auch selbstbestimmt. Wie gestaltet sich das Zusammenspiel von Gruppen und Institutionen für die Bewältigung von Krisen? Diesen und anderen Fragen werden im Seminar im Kontext des Nachhaltigkeitsdiskurses gestellt.
GM Ib: Das Buch Rut
Wie können Frauen angesichts zahlreicher Widrigkeiten für ihr Wohlergehen sorgen und ihr Leben aktiv gestalten? Das Buch Rut zeigt exemplarisch, welche selbstermächtigenden Lösungen auf die Bedrohung durch Hunger, Armut und patriarchale Gesellschaftsstrukturen gefunden werden können. Es schildert den Kampf der beiden Witwen Noomi und ihrer Schwiegertochter Rut um ihr Überleben: Sie nutzen die institutionellen Strukturen der Leviratsehe und des Lösers zu ihren Gunsten, um die Bedrohung durch den eigenen prekären Status als verwitwete Frauen zu überwinden. Zugleich wird das Fremdsein thematisiert, denn die aus dem Nachbarvolk Moab stammende Rut wird – entgegen anderer politischer Positionierungen zur Entstehungszeit der Erzählung (vgl. Neh 13,23-27) fraglos in Israel integriert und schließlich sogar zur Ahnmutter König Davids.
Insbesondere die SDGs 1, 2, 5, 10 und 16 werden angesprochen.
EWS-Seminar: Gegen Antisemitismus vorgehen: Wie funktioniert das im Kontext Schule?
Antisemitismus ist auch heute noch in Deutschland gegenwärtig. Er äußert sich meist nicht mehr in offen antisemitischen Forderungen, sondern indirekt z.B. im Hass auf Israel, in Verschwörungsmythen, in der Forderung nach einer „Überwindung“ der Vergangenheit oder in nationalsozialistisch geprägten Wörtern und Wendungen, die noch heute einen festen Platz in der deutschen Sprache haben. Mit dieser Realität werden auch künftige Religionslehrer:innen und Erwachsenenbilderner:innen konfrontiert sein: Über soziale Medien, Peer Groups etc. setzen sich Stereotype fort und werden meist unreflektiert wiedergegeben. Dies kann sich u.a. in Mobbing, antisemitischen Äußerungen auf dem Schulhof oder revisionistischen Aussagen im Geschichtsunterricht äußern.
Diesen antisemitischen Stereotypen kann und sollte mit Aufklärung begegnet werden. In diesem Seminar setzen wir uns daher mit verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus auseinander (politisch, religiös, rechtsextrem etc., aber auch in der sogenannten bürgerlichen Mitte), um hochwertige, Ungleichheiten reduzierende Bildung an Schulen oder außerschulischen Lernorten zu ermöglichen.
Insbesondere die SDGs 4, 10, 16 und 17 werden angesprochen.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im WiSe 22/23
GM Ib: Die Josefserzählung – Heil des Hochmütigen in der Fremde?
Die Josefsgeschichte erzählt – wie es die Bibel so oft tut – von einem zweifelhaften Charakter. Der Träumer und Liebling des Vaters Josef, dessen Hochmut den Mordanschlag seiner Brüder provoziert, erlebt in der Fremde zunächst Demütigung. Sein Träumerwesen verhilft ihm jedoch in Ägypten in eine Position, die er in Weisheit und Verantwortungsbewusstsein ausfüllt, so dass nicht der Tod des Vaters in der Fremde am Ende steht, sondern die Versöhnung mit den Brüdern, die als von Gott gewirktes Heil gedeutet wird. Im Hinblich auf die 17 SDG soll auch nach Bedingungen des Zusammenlebens verschiedener Ethnien im Rahmen von Migrationsbewegungen gefragt werden.
VM II: Geschlecht, Liebe, Sexualität im Alten Testament
Wirft man einen Blick auf die biblischen Schöpfungserzählungen, scheint alles klar: Es gibt zwei Geschlechter und nur zwei. Männer lieben Frauen, und Frauen lieben Männer. Und liest man auch im Buch Levitikus, dann wird hier anscheinend Homosexualität verurteilt. Bei näherem Hinsehen wird es allerdings komplizierter: Verstehen die biblischen Texte dasselbe unter Frau- und Mannsein wie wir? Gibt es ein überzeitliches Konzept von Liebe oder Sexualität? Setzt die Suche nach Homosexualität in der Bibel nicht gerade Heteronormativität voraus?
Ausgehend von gesellschaftlichen und kirchlichen Fragestellungen und mit Blick auf die 17 SDG wollen wir alttestamentliche Texte befragen, nach einer angemessenen Hermeneutik suchen und in Fragen alttestamentlicher Anthropologie einsteigen.
Nachhaltigkeit in den Lehrveranstaltungen im SoSe 22
GM Ib (VM I alt): Die Makkabäer. Krieg, Frieden und Königtum im 2. Jh. v. Chr.
Welche Rolle spielen Frauen in einem von teils exzessiver Gewalt geprägten Text? Sind Texte, die von Frauen handeln, auch von Frauen verfasst worden? Diesen und anderen Fragen geht das Methodenseminar am Beispiel des Zweiten Makkabäerbuchs nach und möchte zu einer kritischen, gendersensiblen Lektüre der alttestamentlichen Texte anleiten.
GM Ib (VM I alt): Sozialkritische Exegesen
Das Seminar möchte die Studierenden grundsätzlich an ein sozialkritisches Paradigma von Exegese heranführen, die Unterschiede zu ›klassischen‹ Methoden erarbeiten und konkrete sozialkritische Ansätze exemplarisch an Bibeltexten veranschaulichen. Dabei werden zahlreiche Themen angesprochen und Konzepte thematisiert, die für eine nachhaltige Entwicklung in großem Maße relevant sind, z.B.:
- Die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit und nach dem spezifischen Beitrag der biblischen Exegese zur Fortschreibung oder Dekonstruktion von Kategorien und Argumentationen, die zu Ungerechtigkeit im Bereich der Geschlechterverhältnisse beitragen.
- Die Frage nach der sozialgeschichtlichen Verortung biblischer Texte und ihre Rolle für eine (un)gerechtere sozioökonomische Entwicklung bzw. Befreiung von Ausbeutung.
- Die Frage nach der Rolle biblischer Texte und deren Rezeption bei der Fortführung oder Infragestellung imperialer und (neo)kolonialer Muster.
EWS-Seminar: »Wissen ist besser als Macht.« (Koh 9,16) Kontroverse Texte des Alten Testaments
Die Wahrnehmung des Alten Testaments ist häufig vorurteilsbeladen und Texte des Alten Testaments werden vielfach dafür verwendet, antisemitische Vorurteile zu reproduzieren oder die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu begründen. Im EWS-Seminar möchten wir solche Lesarten aufbrechen und Vorurteile überwinden, indem wir uns mit den Themen Schöpfung, Gewalt, Feminismus und Homosexualität im Alten Testament beschäftigen.