Ein Großbau im Stadtraum der Colonia Ulpia Traiana?

Forschungen zur römischen Bebauung auf Insula 4/11/18 im römischen Xanten

 

Das vom Landschaftsverband Rheinland und dem Archäologischen Park Xanten finanzierte Kooperationsprojekt widmet sich der wissenschaftlichen Auswertung der Baustrukturen und Funde aus den Ausgrabungen und geophysikalischen Prospektionen auf den Insulae 4, 11 und 18 der Colonia Ulpia Traiana. Die Materialien stammen überwiegend aus Altgrabungen der Jahre 1957 bis 1962, sie stellen jedoch bis heute die flächenmäßig größten Aufdeckungen innerhalb der Koloniestadt dar. 1957 begannen im Vorfeld der Errichtung einer Stahlbeton-Fertigteile-Fabrik mitten auf dem Gelände der Colonia Ulpia Traiana die feldarchäologischen Untersuchungen als Notgrabung unter der Leitung von Hermann Hinz, dem Leiter der Außenstelle Unterer Niederrhein des Landesamtes für Denkmalpflege. Da bereits die in sehr schmalen Suchschnitten zutage geförderten Mauerfundamente und Ausbruchsgräben auf große und komplizierte Baustrukturen schließen ließen, wurde die Maßnahme in den Folgejahren auf flächige Untersuchungen ausgeweitet, die bis 1962 andauerten. Der Ausgräber kam nie dazu, die Grabungen zu publizieren, veröffentlicht wurden lediglich kleinere Vorberichte und ein schematisierter Gesamtplan der Baubefunde, bei dem allerdings die zeitlich aufeinanderfolgenden Nutzungsphasen nicht voneinander getrennt wurden.

Die Insulae 4, 11 und 18 umreißen ein Quartier, das an die Forumsinsula 25 entlang des Decumanus Maximus in südwestlicher Richtung anschließt und sich bis zur Stadtmauer erstreckt. Damit nehmen sie einen zentralen Teil des Stadtraumes ein. Der Plan zeigt einen Binnenhof, um den sich langrechteckige Gebäude mit Kammerreihen, ein ausgedehnter Badetrakt, Häuser mit Innenhof und ein Großbau mit halbrundem Abschluss und zwei Apsiden im Südwesten anordnen. Obwohl Dokumentation und Fundmaterial aus den Ausgrabungen bisher nicht wissenschaftlich aufgearbeitet wurden, hat sich wegen der Größe und des repräsentativen Charakters der Architektur des Baukomplexes eine Interpretation als Verwaltungspalast oder palastartige Anlage in der Forschung etabliert.

Das aktuelle Projekt hat zum Ziel, die Funktion und Chronologie der Baulichkeiten zu klären, um damit ihrer Funktion im Stadtraum näherzukommen. Bemerkenswert ist, dass das rechtwinklige Straßennetz der Colonia bei der Errichtung des Gebäudekomplexes bewusst unterbrochen wurde, denn das Gebäude riegelte den Verlauf der großen Nord-Süd-Straße (cardo) zwischen den Insulae 11 und 18 ab. Nach Aussage der geophysikalischen Untersuchungen setzt sich zudem die den Komplex umschließende Außenmauer auf weiten Teilen der südwestlich gelegenen Insula 4 fort. Damit bilden die gesamten baulichen Strukturen nach außen einen zusammenhängenden großen Gebäudekomplex. Die während der Ausgrabung im Abbruchschutt gefundenen Architekturteile lassen auf eine ausgesprochen repräsentative Ausstattung der Anlage schließen. Bisher sind jedoch weder die Chronologie noch die Funktion der einzelnen Bauten geklärt. Die Bearbeitung dieser für das Verständnis der städtebaulichen Konzeption wichtigen Ausgrabungen bildet die Grundlage für eine fundierte zeitliche und funktionale Einordnung des Baukomplexes. Die Diskussion um eine private oder öffentliche Nutzung der verschiedenen Baukörper soll durch die Auswertung der Befunde und Funde auf eine solide Basis gestellt werden.

 

Bearbeitung: Dr. Regina Franke. Kontakt: regina.franke(at)uni-bamberg.de