Große Exkursion nach Tirol (24.09. bis 30.09.2017)
Text und Bilder von Simon Dupper
Am Sonntagmorgen startete die Exkursion um 8:30 Uhr mit der Abfahrt in Bamberg. Auf der Autobahn ging es über München insgesamt 380 km bis nach Innsbruck in Tirol. Die Mittagspause verbrachten wir in der Leutaschklamm, wo wir den abenteuerlichen Wasserfallsteig bewanderten. Auf der Weiterfahrt erfuhren wir bei einem Referat Informationen über die Befunde und Funde der Burg Schlossberg bei Seefeld in Tirol, welche beim Bau der Straße vollständig abgetragen werden musste und zuvor archäologisch untersucht worden war. Am späten Nachmittag erreichten wir unsere Unterkunft im Technikerhaus in Innsbruck. Anschließend erhielten wir eine Führung durch die Altstadt von Innsbruck. Dort besichtigten wir die namensgebende Innbrücke, das Goldene Dachl (Abb. 1), den Dom zu St. Jakob und den Stadtturm. Die Gebäude der Innsbrucker Altstadt weisen das typische Erscheinungsbild einer Stadt am Inn auf (Abb. 2).
Am zweiten Tag besuchten vor vormittags das Tiroler Volkskundemuseum. Die kulturhistorische Sammlung zeigt Objekte, Tracht und Wohnstuben aus dem alltäglichen Leben der Tiroler Bevölkerung. In einer sehr modernen und gut gestalteten Ausstellung werden auch religiöse Objekte, die mit Festen, Aberglaube und Tod in Verbindung stehen, gezeigt. Sehr beeindruckend war die multimediale Präsentation zu den historischen und politischen Hintergründen zu Kaiser Maximilian I. Diese Präsentation endete dann an der Hofkirche, dort konnten wir das prunkvolle Grabmal des Kaisers betrachten.
Nach der Mittagspause besuchten wir die Vorträge des 50. Internationalen Symposiums zur Keramikforschung. Der erste Vortrag stellte die Keramik aus den verschiedenen Schichten eines mittelalterlichen Grabens in Nieder-Ingelheim vor. Im anschließenden Vortrag wurden die Möglichkeiten der Röntgenfluoreszenzanalyse bei der Analyse und Erforschung der mittelalterlichen Keramik aus Großalmerode präsentiert. Darauf folgten vier Referate zu verschiedenen Arten von Keramik aus Prag. Im Anschluss stellte Detlef Wilke die Ergebnisse seiner Röntgenfluoreszenzanalyse von Altbayerischer Keramik vor. Hierbei behandelte er die Kröninger Hafnerei, die Erzeugnisse der Obernzeller Töpfer und die der Töpfer in Passau Ilzstadt. Der letzte Vortrag des Tages behandelte Fayencen aus einem Museum in Transsylvanien. Nach den Vorträgen fand eine Vernissage zu einer Ausstellung von Keramikkunstwerken im Kreuzgang des Tiroler Volkskundemuseums statt.
Am dritten Tag unserer Exkursion fuhren wir von Innsbruck ins nahe Hall in Tirol. Dort erhielten wir eine Führung durch den Stadtarchäologen Mag. Dr. Alexander Zanesco.
Die Führung startete in der Burg Hasegg (Abb. 3), welche ein Eckbau der Stadtbefestigung von Hall war. Die Stadt Hall wurde urkundlich im 13. Jahrhundert erstmalig erwähnt. Die Stadt wies große Salinen auf, in denen die Sole aus den naheliegenden Stollen eingedampft wurde. Wichtig für den Ort war auch ein großer Holzrechen, mit dem die Baumstämme aufgefangen werden konnten, welche nach Hall geflößt wurden. Im 15. Jahrhundert wurde die landesfürstliche Münzstätte nach Hall verlegt. Der Unterbau für die großen Wasserräder, welche die Münzprägewalzen antrieben, hatte die Stadtarchäologie vor kurzem archäologisch untersucht. Anschließend wurden wir noch durch die Altstadt von Hall geführt (Abb. 4).
Nach einer Mittagspause fuhren wir weiter nach Tarrenz im Gurgltal. Dort befindet sich ein Bergbaumuseum, welches anhand von Nachbauten die verschiedenen Schritte des mittelalterlichen Bergbaus und die Weiterverarbeitung der Mineralien zeigt. Vor Ort informierte ein weiteres kleines Museum über die Heilerin von Tarrenz. Hierbei handelt es sich um eine irreguläre Bestattung, die 2008 von einem Sondengänger im Wald entdeckt worden war. Die 30 bis 40-jährige Frau war mit dem Gesicht nach unten bestattet worden. Mit ihr wurden über 50 Objekte, u. a. Schröpfköpfe aus Buntmetall, eine Fraisenkette, eine Schere, Schmuck, Alltagsgeräte und Trachtbestandteile begraben. Aufgrund der besonderen Lage und der Beigaben handelt es sich bei der Sonderbestattung möglicherweise um eine Heilerin aus der Zeit des 30-jährigen Krieges.
Am nächsten Tag verließen wir Innsbruck und reisten weiter nach Südtirol. Unterwegs legten wir noch einen Zwischenstopp an der beeindruckenden Stamser Hängebrücke ein.
Dann ging es weiter nach Fließ, wo wir zwei kleine aber sehr gut gestaltete Museen besuchten. Im archäologischen Museum werden die Funde vom prähistorischen Brandopferplatz am "Gachen Blick" sowie ein bronzezeitlicher Schatzfund vom Moosbruckschrofen und der hallstattzeitliche Bronzehort von Fließ ausgestellt. Daneben befindet sich das Dokumentationszentrum Via Claudia Augusta, welches die römische Fernstraße und Funde aus dem Straßenbereich präsentiert.
Anschließend ging es weiter in Richtung Reschenpass. Eine kurze Pause legten wir in Altfinstermünz ein (Abb. 5). Hierbei handelt es sich um eine Festung in der Finstermünzschlucht, welche die Grenze zwischen Tirol und Graubünden bildete.
Oberhalb von Altfinstermünz befindet sich die Festung Nauders, eine um eine 1834 bis 1940 errichtete Straßensperrfestung. Die Anlage ist an die Felswand angelehnt und ermöglicht die Verteidigung in beide Talseiten. Die Bastion war für Gewehrfeuer und Geschützfeuer ausgelegt. Bei einer Führung wurde uns das Innere der baufälligen Anlage gezeigt. In der Festung wurden auf veraltete Art und Weise Waffen und Ausrüstungsgegenstände gezeigt. Ein großer Teil der Festungsanlage war in den rückwertigen Felsen geschlagen worden. In dieser künstlichen Höhle hatte man dann ein eigenes kleines Gebäude mit Dach und Mauer errichtet, wodurch das Tropfwasser des Felsen außen am Einbau abgeleitet wurde.
Die Fahrt ging weiter über den Reschenpass, vorbei am Reschensee ins Vinschgau. Nach einem langen Tag auf der Straße erreichten wir am Abend endlich unsere Unterkunft in Kurzras am Ende des Schnalstals.
Am Donnerstag ging es durch das Schnalstal über Glurns ins Münstertal nach Müstair in Graubünden in der Schweiz. Etwas verspätet trafen wir dann im Benediktinerinnenkloster St. Johann ein. Vor Ort wurden wir durch unseren ehemaligen Dozenten Dr. Patrick Cassitti geführt. Das mittelalterliche Kloster weist noch einen sehr großen Teil karolingischer Bausubstanz auf. Die Klosterkirche war in karolingischer Zeit als einfache Saalkirche mit drei Apsiden errichtet worden. Die mittlere Apside ist größer als die beiden links und rechts davon befindlichen (Abb. 6). Neben der Hauptkirche wurden auch noch zwei weitere Seitenschiffe errichtet, welche jeweils eigene Apsiden besitzen, wodurch die Kirche einen quadratischen Grundriss und fünf Apsiden erhielt. Alle Wände waren mit flächigen Wandmalereien verziert, die heute teilweise freigelegt sind. In romanischer Zeit übermalte man die karolingischen Fresken. Auch in gotischer Zeit wurden dann diese wieder übermalt und in die karolingische Kirche mit flacher Decke ein gotisches Gewölbe eingezogen, welches niedriger als die ursprüngliche Decke war. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden große Mengen der karolingischen Chorschranken gefunden, welche einst im Innenraum der Kirche aufgestellt waren. Sehr beeindruckend war auch die Heiligkreuzkapelle am Eingang des Friedhofs. Hierbei handelt es sich um eine ehemalige Friedhofskapelle. Die Kirche ist ebenfalls in karolingischer Zeit entstanden und weist einen kleeblattförmigen Chor auf. Die Decke im Erdgeschoss war aus geschwärzten Balken und Brettern und konnte dendrochronologisch ins 8. Jahrhundert datiert werden.
Nach einer kurzen Mittagspause in Glurns besuchte ein Teil der Gruppe ein Johanniterspital in Taufers. Mit einer kleinen Gruppe besuchte ich Schloss Churburg in der Gemeinde Schluderns. Hierbei handelt es sich um eine der besterhaltenen Burgen Südtirols. Die Anlage ist seit dem 16. Jahrhundert im Familienbesitz der Familie Trapp. Berühmt ist die Anlage wegen ihrer Rüstkammer, wobei es sich um die weltweit größte private Rüstkammer handelt. Einzigartig sind die dort ausgestellten Rüstungen aus dem 14. Jahrhundert. Harnische aus dieser Zeit sind nur sehr selten erhalten.
Am Nachmittag besichtigten wir mit der gesamten Gruppe die kleine Kapelle St. Prokulus mitten im Vinschgauer Obstgarten (Abb. 7). Die Kapelle wurde im 7. Jahrhundert im Bereich eines spätantiken Gebäudes errichtet. Den Innenraum der Kirche zieren vorromanische Fresken (Abb. 8). Eine genaue Datierung dieser Wandmalereien ist bisher noch umstritten. In gotischer Zeit wurde die Kirche erneut ausgemalt.
Am nächsten Tag besuchten wir Schloss Tirol oberhalb von Meran. Der Burghügel war bereits früh besiedelt, was vorgeschichtliche Funde und eine frühchristliche Kirche mit drei Apsiden zeigen. Die Burganlage wurde vor 1100 erbaut und dann im Laufe des Hochmittelalters immer weiter ausgebaut. Besonders sind die vielen Fehlbodenfunde aus der Burganlage. In den Gerüstlöchern der Burg wurden auch einige Fragmente von Briganten gefunden.
Die Exkursion ermöglichte einen spannenden und lehrreichen Einblick in die Geschichte und Architektur der Alpenregion. Durch die Ergänzungen aus dem Seminar erhielt man einen guten Überblick in die Archäologie der mittleren Alpen.