Keramikforschungen in und um Bamberg
In verschiedenen Projekten forschen wir zu Keramikproduktion und -nutzung in und um Bamberg. Diese Arbeiten sind eng mit der Lehre verbunden.
KeramBa! - Spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Töpfereien im Bamberger Umland
Ein gemeinsames Forschungsprojekt des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und dem dortigen Projekt Ehrenamt, des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Bamberg und ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern untersucht gezielt die Töpfereistandorte im Umland Bambergs.
Im Mittelalter war der Raum Bamberg eine wichtige Töpferregion. Am Rande des Regnitztales sowie in den Haßbergen stehen Verwitterungstone an, die sich ideal für die Herstellung von Gefäßen eigneten.
Archäologische Forschungen geben Einblick in die Ressourcennutzung der Vergangenheit und die dahinter stehenden Produktionsstrukturen und Alltagsbedürfnisse.
Quellenlage und Forschungsgeschichte
Der Raum um Bamberg ist bezüglich der mittelalterlichen Keramik relativ gut erforscht, da der Bamberger Lehrstuhl unter Walter Sage bereits in den 1980er Jahren gezielt Abschlussarbeiten an regionalen Fundbeständen initiiert hat. Grundsätzliche Fragen der Materialgruppen und der Chronologie wurden bearbeitet (z.B. Losert 1991; Löw 2001).
Zugleich weist der Bamberger Raum eine ungewöhnlich gute schriftliche Quellenlage für das Töpferhandwerk auf. Aus dem 14. Jh. liegen mehrere Besitz- und Abgabeverzeichnisse (sog. Urbare) der Bamberger Bischöfe vor, die sog. Schüssellehen belegen, die als Abgaben ollae et scutellae zu leisten hatten. Rechnungen des Domstifts, Markt- und Zunftordnungen belegen die Entwicklung der Produktions-und Distributionsstrukturen.
Töpfereien
Inzwischen sind im Raum Bamberg zahlreiche spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Töpfereien ergraben worden, in denen die regionaltypische oxidierend gebrannte jüngere Drehscheibenware produziert wurde, in kleinen Mengen auch eine oberfränkische rotbemalte Drehscheibenware.
Beispielsweise wurde 1991 bei Baumaßnahmen am Bamberger Sand ein Töpferofen angeschnitten, der um 1500 datiert werden kann.
Eine der bedeutendsten Töpfereien scheint die am Lußberg gewesen zu sein. Hier finden sich mehrere Areale mit Töpfereiabfällen. Leider wurden die Altfunde nur ungenügend eingemessen, so dass bislang über Nutzungsareale nur spekuliert werden kann. Mehrfach sind hier Ofenbefunde oder ¬fragmente bekannt, die auf liegende Öfen mit Gewölben aus Töpfen schließen lassen.
Genutzt wurden v.a. die Tonvorkommen des Oberen Keuper. Archäologisch greifbar sind bisher vor allem Befunde aus dem 14./15. Jahrhundert.
Neue Einblicke
Seit einigen Jahren steht für Bayern ein hochauflösendes digitales Geländemodell (mit LiDAR-Technologie erstellt) zur Verfügung, das zahlreiche Bodeneingriffe der Vergangenheit erkennen lässt. Hier sind auch bei der Töpferei am Lußberg die Tonabbaugruben zu erkennen, die sich auf gut 3 km ausdehnen. Entsprechende Gruben sind an zahlreichen weiteren Stellen zu identifizieren. Da sich an den Orten mit schriftlich greifbaren Schüssellehen im Geländemodell ebenfalls derartige Tonabbaugruben erkennen lassen, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Relikte der mittelalterlichen Töpferei handelt.
Arbeiten im Gelände
Ehrenamtliche Mitarbeiter unseres Forschungsprojektes sowie Studierende der Archäologie des Mittelalters sichten derzeit Hunderte von Verdachtsstellen, die sich aus den Digitalen Geländemodellen ergeben. Dies erfolgt mit einfachen Begehungen ohne Grabungen und ohne Metalldetektor. Funde und Geländestrukturen werden mittels eines GPS erfasst.
Bei interessanten Plätzen führen wir – nach vorheriger Absprache und Genehmigung - ergänzende geomagnetische Prospektionen durch, mit denen sich Keramikbrennöfen erkennen lassen.
Sichtung von Museums- und Sammlungsbeständen
Ein wesentlicher Teil der Arbeiten umfasst des Weiteren die Sichtung von Fundmaterial, das bereits in regionalen Museen und auch privaten Händen liegt. Ziel ist es, die Produktionsspektren, vor allem aber auch die Datierung der Töpfereien zu klären.
Unsere Mitarbeiter führen eine erste Sichtung durch – bei interessanten Stücken begutachten unsere Experten die Stücke und dokumentieren diese mit Foto, Zeichnung oder 3D-Scan. Ausgewählte Stücke sollen chemisch beprobt werden.
Literaturhinweise
• H. Losert, Die früh- bis hochmittelalterliche Keramik in Oberfranken. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, Beiheft 8 (Köln 1993).
• L. Löw, Keramik des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit aus dem westlichen Oberfranken (Bamberg 2005).
• L. Löw-Kopf, Funde aus einem Töpferofen um 1500 in Bamberg. NEARCHOS 1, 1993, 143–154.
• R. Schreg, Grundherren, Arbeitgeber und Kunden – Produktions- und Distributionsstrukturen mittelalterlicher Keramik. In: Festschrift Rösener (im Druck)
• Bamberger Lehr- und Informationssystem BaLISminK s.v. Lußberg
Am Kranen 14
Im Rahmen von Übungen nehmen wir die detaillierten Auswertungen der Ausgrabungen im Institutsgebäude Am Kranen 14 vor. Hier liegen umfangreiche Keramikfunde vor, die uns Keramik aus der Perspektive der Konsumenten zeigt.
Das Bamberger Lehr- und Informationssystem zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik (BaLISminK)
Das Bamberger Lehr- und Informationssystem zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik (BaLISminK) versucht mit digitalen Möglichkeiten den Forschungsstand der Keramikforschung darzustellen. BaLISminK befindet sich aktuell in einer Art Probebetrieb, um ausreichend Erfahrungen für eine breitere Umsetzung zu gewinnen. BaLISminK ist zugänglich unter