Rotschmiede in Nürnberg vom 15.–18. Jahrhundert
Projektleiter: Prof. Dr. Ingolf Ericsson
Projektbearbeiter: Marius Kröner M.A.
Projektfinanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (Sachbeihilfe, Geschäftszeichen ER 306/13-1)
Kooperationspartner: Stadtarchäologie Nürnberg; Germanisches Nationalmuseum, Abt. Vor- und Frühgeschichte / Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Nürnberg
Laufzeit: 03/2017 – 04/2020
Die ehemalige Reichsstadt Nürnberg ist seit jeher bekannt für ihren Einfluss auf das mittelalterliche/(früh-)neuzeitliche, mitteleuropäische Handwerk sowie als Dreh- und Angelpunkt für regionalen und überregionalen Handel. Die Geschicke des Handwerks lagen spätestens seit dem 14. Jahrhundert in der Hand des Rates der Stadt, welcher sich aus den reichen Patrizierfamilien (Kaufmannsfamilien u.a. Tucher, Stromer, Haller, Welser) zusammensetzte. „Der Rat grenzte die einzelnen Handwerke genau gegeneinander ab, regelte und kontrollierte sie streng und ordnete sie fernhändlerischen Belangen unter, förderte sie jedoch in der Form des Exportgewerbes“ [Isenmann 2012, Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150-1550, 826f.]. Nichtsdestotrotz konnte sich eine fast unüberschaubare Produktpalette aus verschiedensten Materialien und von unterschiedlicher Qualität und Quantität entwickeln. Diese wurden unter anderem zu einem wesentlichen Erkennungsmerkmal der Stadt, was auch schon C.C. Schramm in seinem Reise-Lexicon von 1744 folgendermaßen festhält: „Nach dem bekannten Sprichwort: Nürnberger Hand gehet durch alle Land, ist von sich selbst zu ermessen, daß allhier das Commercium von grosser Wichtigkeit sey. Die vielen Manufacturen, sonderlich Messer, Spiegel, Schellen und dergleichen, werden fast durch die ganze Welt verführet. […] Die schönen Kupferstiche, beliebte Land-Charten, musicalische, mathematische und mechanische Instrumente, auch kunftreiche Arbeit in Meßing und Elffenbein, zeugen von der Arbeitsamkeit und dem Fleiß derer vielen allhier sich befindenden Künstler. Man findet hier auch verschiedene Handwercker, welche man die gesperrten nennt, z. B. Becken-Schläger, Schellenmacher und andere, weil sie in den Mauern der Stadt eingesperrt sind, und zu Erlernung ihrer Profeßion keinen Fremden annehmen, noch selber reisen, und sie anderwerts bekannt machen dürfen“.
Die Forschung, seien es jetzt Institutionen wie das Germanische Nationalmuseum oder einzelne Forscher unterschiedlicher Fachbereiche, hat die Bedeutung des Nürnberger Handwerks schon früh erkannt und sich diesem in vielen Facetten genähert sowie damit auseinandergesetzt. Leider hat sich das bisher in den meisten Fällen auf prestigeträchtige Objekte/Produkte (z.B. Einzelstücke, Auftragsarbeiten), Handwerke (z.B. Gold-/Silberschmiede, Kanonengießer, Plattner, Schwertschmiede u.Ä.) oder einzelne herausragende Handwerker/Künstler wie Albrecht Dürer, Martin Behaim, Veit Stoß oder Peter Vischer d. Ä. fokussiert. Glücklicherweise hat in den letzten Jahren ein Umdenken eingesetzt, sodass auch weniger prestigeträchtige Themenfelder bearbeitet werden und dazugehörige Projekte gefördert werden. Einem solchen Themenfeld kann getrost auch dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt zugeordnet werden.
Hauptziel dieses 30-monatigen und am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Bamberg angesiedelten Projekts („Das buntmetallverarbeitende Handwerk in Nürnberg vom 15. – 18. Jahrhundert. Archäologische und archäometallurgische Aspekte seines Wirkens“) ist es durch die Erfassung der Werkstatt- und Ofengrundrisse, Produktionsrückstände und -abfälle, Rohlinge und anderen Artefakte aus den Werkstattbereichen zusammen mit den schriftlichen Dokumenten und den bildlichen Quellen die Basis für eine umfangreiche Rekonstruktion der Produktionsverfahren und der Organisation der spätmittelalterlichen und neuzeitlichen buntmetallverarbeitenden Betriebe (u. a. Rotschmiede und -gießer, Drahtzieher, Fingerhüter, Heftleinmacher, Messingbrenner und -schaber, Nadler, Schellenmacher) in Nürnberg zu schaffen. So sollen die bestehenden Kenntnislücken zu den Nürnberger Buntmetallwaren des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit geschlossen werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist es unumgänglich archäologische, geschichtswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Ansätze der Forschung zu verbinden.
Das Grabungs- und Fundmaterial und weitere Unterlagen, die im Rahmen dieses Projekts bearbeitet werden, kommen insbesondere von der Stadtarchäologie Nürnberg, aber auch dem Germanischen Nationalmuseum sowie dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, AS Nürnberg. Die Förderung beinhaltet neben einer Mitarbeiterstelle auch eine Stelle für eine studentische Hilfskraft sowie umfangreiche Forschungsmittel für naturwissenschaftliche Materialanalysen.
Publikationen
Kröner 2018
M. Kröner, Das buntmetallverarbeitende Handwerk in Nürnberg vom 15.–18. Jahrhundert. Überblick zum archäologischen Fundmaterial: technische Keramik & Gussformen. In: H. Stadler/L. Obojes (Hrsg.), Keramik zwischen Werbung, Propaganda und praktischem Gebrauch. Beiträge vom 50. Internationalen Symposium für Keramikforschung in Innsbruck 2017. NEARCHOS 23 (Innsbruck 2018) 361–377.
Kröner 2023
M. Kröner, Vom Höllenfeuer zum Exportschlager. Nürnbergs Rotschmiede und buntmetallverarbeitende Handwerke im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Arb. Arch. Süddeutschland 34 (Büchenbach 2023).