Dorfwüstung bei Milikov (Miltigau) im Kaiserwald

 

Im Sommer 2006 und 2007 fanden die Feldarbeiten zu einem gemeinsamen Projekt der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Karlsuniversität Prag statt. Ziel war die archäologische und archivalische Prospektion der hoch- und spätmittelalterlichen Besiedlung eines eng umgrenzten Raumes östlich von Cheb (Eger). Daneben waren auch die Gestalt des mittelalterlichen Dorfes in dem Kontaktgebiet zwischen Slawen und Deutschen sowie allgemeine Rückschlüsse auf die Besiedlung der Mittelgebirge Gegenstand der Forschungen. In dem ausgewählten Gebiet der historischen Grenzforste zwischen Egerland, Böhmen und Bayern waren sieben mittelalterliche Dorfwüstungen bekannt aber bei Projektbeginn nicht genau lokalisiert.
Besonders intensiv konnte eine Wüstung westlich von Mokřina (Krottensee) im Kr. Milikov (Miltigau) untersucht werden, die sich in immerhin über 600 m Höhe befindet. Sie wurde im Frühjahr 2006 bei einer Ortsbegehung ausgewählt, da oberirdische Relikte bereits Rückschlüsse auf ein mehrteiliges Siedlungsgefüge zuließen.

Sie hatten sich unter der Bedeckung mit Wald hervorragend konserviert. Bei der Ortschaft handelt es sich vermutlich um das in schriftlichen Quellen erwähnte Dorf Wolfhardtsgrün. Eventuell könnte es aber auch der Ort Schwarzenbach sein. Beide Dörfer sind nach Schriftquellen und Flurnamen nicht exakt in ihrer Lage bestimmbar. Noch im 14. Jahrhundert waren beide in Frage kommenden Orte bewohnt. Auch einige Lesefunde datieren in diese Zeit und die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Um das Bodendenkmal in seiner gesamten Ausdehnung zu erfassen und zu verstehen, wurden von einer kleinen Gruppe Bamberger und Prager Studenten zunächst umfassende Vermessungsarbeiten mit dem Tachymeter, Geländebegehungen und Bohrsondagen durchgeführt.  

Im zweiten Jahr wurde ein Schwerpunkt auf die geomagnetische Prospektion ausgewählter Geländepunkte gelegt. Eine wünschenswerte Ausgrabung kleiner Sondageflächen war aus Naturschutzgründungen und aufgrund der Vorgaben der tschechischen Bodenkmalpflege leider nicht möglich.Zu der prospektierten Wüstung zählte eine Turmhügelburg, die als Sitz eines kleinen Herrschaftsträgers anzusprechen ist. Im Süden schlossen daran acht regelhaft angeordnete Hofstellen an, die sich auf dem Westufer eines kleinen Bachlaufes befanden. Etwas abseits lag in der frühen Neuzeit ein Einzelhof von dem noch Ziegelmauerwerk als Fundament erhalten ist. Zu der mittelalterlichen Wüstung zählen zudem Reste der Felder (so genannte Langstreifenfluren) sowie Terrassierungen in Bachnähe und ein Stau für den Betrieb einer Mühle. Bislang war die Komplexität des Denkmals nicht bekannt, lediglich der neuzeitliche Hof und die Motte waren kartiert.Durch das gemeinsame Projekt wurde die Kooperation zwischen den Partneruniversitäten Bamberg und Prag weiter intensiviert. Auch auf studentischer Ebene konnten engere Kontakte geknüpft werden. Fachlich konnte die tschechische Seite besonders vom Einsatz moderner Messtechnik profitieren. Die deutsche Seite konnte v.a. von der langen Tradition tschechischer Siedlungsforschung und der entwickelten Methodik auf diesem Gebiet lernen. Die Arbeiten vor Ort wurden gemeinsam von der Bamberger Grabungstechnikerin Britta Ziegler, M.A. und dem Prager Doktoranden Tomáš Klír geleitet.

Hauke Kenzler

Literatur:

Šebesta, P.: Zaniklé středověké v západní části Slavkovského lesa (Die Ortswüstungen auf dem Gelände „Slavkovský les“). Archeologia Historica 7, 1982, 203-209.

Völkl, G. (Bearb.): Quellen zur Oberpfälzer Siedlungsgeschichte II. Das älteste Leuchtenberger Lehnbuch. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 1830-1955, Bd. 96, Regensburg 1955, 277-404.