ESF-Projekt zur Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU)

Fit für Innovation?

ESF-Projekt zur Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU)

Die Universität Bamberg ist eine mittelgroße Universität. „Genau das ist ihre Stärke. Sie ist ein kleines wendiges Sportboot, kein großer behäbiger Dampfer“, so Prof. Dr. Claus-Christian Carbon, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre. –Sein Team könne  schneller auf neue Trends eingehen, unter anderem weil die Entscheidungswege kürzer seien als in großen Universitäten. „Wir verfügen über begrenzte Ressourcen, was uns nicht davon abhält, kreativ und international erfolgreich zu sein.“ Denn für die Innovationskraft eines Unternehmens oder einer Universität sei letztlich der Faktor Mensch entscheidend: Originelle Ideen und Leidenschaft bei der Umsetzung sind wichtiger als ein großes Budget für Forschung und Entwicklung.  Dies ist eine der zentralen Botschaften des Projekts „Fit für Innovation“, das Professor Carbon und drei Projektmitarbeiter seit Juni 2017 zusammen mit 15 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus der Region durchführen. Der Gedanke spiegelt sich auch im Projektlogo wider, das ein Tangram zeigt. Das Prinzip dieses alten chinesischen Legespiels ist so einfach wie genial: Aus einer sehr begrenzten Anzahl von sieben Puzzleteilen lässt sich eine unendliche Vielfalt an Figuren erzeugen. Mit diesen Beispielen leitete Claus-Christian Carbon den Tag der offenen Tür am 29. November 2017 ein, zu dem er die Führungskräfte der teilnehmenden Unternehmen ins Marcus-Haus eingeladen hatte, um ihnen aktuelle Forschungsarbeiten zu präsentieren, die zeigen, wie die „Tangram-Philosophie“ an seinem Lehrstuhl umgesetzt wird. Anhand von selbstentwickelten, hochinnovativen Messmethoden zeigte er, dass diese nicht nur sehr viel kostengünstiger als die teuren kommerziellen Testapparaturen sind; sie sind ihnen häufig auch in puncto Präzision und Transparenz überlegen.

Ideen in Unternehmen einbringen und umsetzen

Das Projekt „Fit für Innovation -. Kreativität und Innovationsfähigkeit in KMU netzgestützt trainieren“ hat eine Laufzeit von zwei Jahren und wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Freistaats Bayern und der Universität Bamberg in Höhe von 180.000 Euro gefördert. Ziel des Projektes ist es, ein netzgestütztes Training zu entwickeln, das kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt neue Ideen zu entwickeln und diese gewinnbringend umzusetzen. Dies wird mit einer „blended“-Technik realisiert – einer Kombination aus Onlinematerialien und Präsenzworkshops. Die zentrale Frage der Wissenschaftler lautet: Wie können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innovative Ideen entwickeln und wie können KMU diese erfolgreich umsetzen? An dem Projekt nehmen 15 kleine und mittelgroße Unternehmen aus Ober- und Unterfranken teil – vom Ein-Mann-Betrieb bis zur Firma mit über 30 Angestellten. Darunter befinden sich eine Porzellanmanufaktur, ein Hotel mit Brauereigasthof sowie ein Autohaus.

Zwölf der teilnehmenden Unternehmen haben bereits die erste Phase des Projektes durchlaufen. Unter der Leitung von Claus-Christian Carbon führten die drei Psychologen Stefan Ortlieb, Thorsten Schmittlutz und Dr. Marius Raab Bedarfsanalysen durch. Mithilfe einer Online-Umfrage und Interviews in den Unternehmen vor Ort erfragten sie die Ausgangssituation der Unternehmen, um die Trainingsinhalte passgenau auf sie zuschneiden zu können. Die Befragten sollten dabei verschiedene Aspekte des Innovationsprozesses in ihrem Unternehmen beschreiben: Wie werden neue Ideen gesammelt und dokumentiert? Nach welchen Kriterien werden die Ideen bewertet? Wie hoch ist die Fehlertoleranz bei der Umsetzung? Gibt es einen internen Innovationszyklus? In welchem Verhältnis stehen Tradition und Innovation? Wer setzt sich mit seinen Ideen eher durch: die „jungen Wilden“ oder die „alten Hasen“?

Kein Mangel an Ideen, sondern Zeitmangel

Die Ergebnisse aus der Bedarfsanalyse stellte Stefan Ortlieb vor. Sein Fazit: „In den befragten Unternehmen herrscht kein Mangel an guten Ideen.“ Nur bei der Umsetzung hapere es oft noch. Drei Punkte wurden in den Interviews besonders häufig genannt: Erstens hätten die Beschäftigten chronischen Zeitmangel. Zweitens fehlten geeignete Auswahlkriterien und Prioritäten bei der Umsetzung der vielen guten Ideen. Und drittens seien die Rollen im Innovationsprozess unklar: Wer ist in der Firma für neue Ideen und deren Umsetzung zuständig? Viele Befragten merkten auch an, dass durch neue Medien wie Facebook oder YouTube der Innovationsdruck höher sei. Auf der Grundlage dieser Bedarfsanalysen konzipiert das Forscherteam nun das Training und erstellt die Trainingsmaterialien.

Von März bis Juli 2018 findet das erste Training statt an dem sich sieben bis acht der teilnehmenden KMU beteiligen werden. Zuerst gibt es eine Onlinephase vom 5. März bis zum 16. April 2018. Pro Woche können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Modul online abrufen, in dem die Theorie zu den Schwerpunkten vermittelt wird, die die Bedarfsanalysen ergeben haben: Welche Kreativitätstechniken gibt es? Wie setzt man Ideen um? Wie schafft man Freiräume für die Ideenumsetzung?

Workshops mit Planspiel

Anschließend finden von April bis Juni 2018 Workshops statt, bei denen unter anderem ein Computer-basiertes Planspiel zum Einsatz kommt: Die Aufgabe der Teilnehmenden ist es, einen oberfränkischen Brauereigasthof wieder konkurrenzfähig zu machen und dabei das erworbene Wissen aus der Onlinephase in einem geschützten Rahmen anzuwenden. Anschließend wird mit den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern geklärt, wie sich die Erfahrungen und Erkenntnisse auf ihr eigenes Unternehmen übertragen lassen.

Ziel dieser Präsenzphase ist es darüber hinaus, auf drei Ebenen Netzwerke zu knüpfen: Zum einen geht es um den Dialog zwischen den Führungskräften und Mitarbeitern, um Innovationen in ihrem Unternehmen zu fördern. Zum zweiten tauschen die KMU untereinander Erfahrungen aus. Und zum dritten vernetzen sich Wissenschaft und Praxis.

Mit den Erfahrungen aus dieser Trainingsphase verbessert das Team um Claus-Christian Carbon das Onlinematerial und das Planspiel, um anschließend zwischen Oktober 2018 und April 2019 einen zweiten Trainingsdurchgang für weitere sieben bis acht Unternehmen anzubieten. Nach einer Abschlussevaluation des Projekts im Mai 2019 werden die Onlinematerialien allen Interessierten zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie unter:

 http://esf.vhb.org/aktuelle-projekte/fit-fuer-innovation/