Forschung im Bereich der Angewandten Informatik
Die Forschungsaktivitäten der Angewandten Informatik adressieren primär die Nutzung der Informatik in innovativen Anwendungen, insbesondere auch im geistes- und kulturwissenschaftlichen Bereich, sowie die hierzu erforderlichen informatischen Grundlagen und Methoden.
Angewandte Informatik in den Kultur-, Geschichts- und Geowissenschaften
Die Forschungsprojekte befassen sich mit Fragestellungen der Kulturinformatik, d.h. der Angewandten Informatik der Kulturwissenschaften. Am Lehrstuhl entstehen zum Beispiel Informationssysteme für die Baudenkmalpflege, für die Kulturgeographie oder für die Kommunikationsforschung.
Verfahren der semantischen Informationsverarbeitung, die ständig weiter entwickelt werden, bilden das methodische Fundament der Arbeit. Die Arbeitsschwerpunkte liegen auf folgenden Technologiefeldern:
- Geoinformationssysteme
- Digitale Bibliotheken und Archive
- Mobile Assistenzsysteme
- Computer-mediated Communication
Computergrafik und ihre Grundlagen
Der technologische Fortschritt in der Computergrafik ist beeindruckend. Die virtuelle Realität hat den Verbrauchermarkt erreicht, virtuelle Assistenten, die von KI gesteuert werden, sind alltäglicher geworden, und wir können Welten und Charaktere erschaffen, die von der Realität kaum zu unterscheiden sind. Die Erstellung virtueller Charaktere und Welten ist jedoch sehr aufwändig und die Nutzung virtueller Welten ist oft noch unbequem und umständlich. Die Forschung am Lehrstuhl für Computergrafik und ihre Grundlagen hat zum Ziel, dies zu verbessern. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Charakteranimation, Wahrnehmung, und virtuelle und erweiterte Realität.
- Interaktion in virtueller Realität und mit erweiterter Realität: Wie können Menschen am besten in Echtzeit in virtuellen Umgebungen kommunizieren und mit ihnen interagieren? Wie können wir diese Technologien dazu nutzen, Wissen effektiv zu vermitteln, Erfahrungen zu erzeugen und Fragen zu beantworten?
- Synthese von Bewegungen für virtuelle Charaktere: Wir erforschen neue datenbasierte Algorithmen, um zum Beispiel Bewegungen, die nicht exakt gemessen werden können, zu erzeugen oder zu vervollständigen. Dazu nutzen wir Motion Capture und neuronale Netzwerke.
- Wahrnehmung von virtuellen Charakteren. Menschen können kleinste Details in den Bewegungen von anderen erkennen und interpretieren. Wir erforschen, welche Bewegungskomponenten wichtig sind, um virtuelle Charaktere zu animieren.
Erklärbares Maschinelles Lernen
Die Forschung am Lehrstuhl konzentriert sich auf die Entwicklung von robusten, dateneffizienten Methoden des maschinellen Lernens mit vielseitigen Anwendungen in der Industrie und insbesondere im Gesundheitsheitswesen. Hierbei steht der Gedanke einen positiven Beitrag für die Gesellschaft bzw. den Patienten zu leisten im Vordergrund.
- Grundlagen: Weiterentwicklung von Neuronalen Netzen (Deep Learning) mit Fokus auf Robustheit und Interpretierbarkeit
- Anwendung: Quantitative Bildanalyse basierend auf Klassifikation, Segmentierung und Lokalisierung inklusive Unsicherheitsschätzungen
- Impact: Translation und Integration von Forschungsergebnissen in enger Kollaboration mit Partnern aus Industrie und Gesundheitswesen
Grundlagen der Sprachverarbeitung
Der Lehrstuhl arbeitet an der Verarbeitung natürlicher Sprache, d.h. wir forschen an Methoden, die es Computern ermöglichen, Sprache zu verstehen (Natural Language Understanding) und Sprache zu erzeugen (Natural Language Generation) können. Wir decken alle Schritte dieses Forschungs- und Entwicklungsprozesses ab, einschließlich:
- Ressourcenerstellung (wir benötigen Daten, die die Phänomene, die wir automatisch verarbeiten wollen, veranschaulichen)
- Auf maschinellem Lernen basierende Modellierung (wir entwickeln maschinelle Lernmodelle, oft aus dem Bereich des Deep Learning, probabilistischer Methoden oder großer Sprachmodelle), die aus diesen Daten lernen
- Anwendung (sobald wir ein NLP-System haben, wenden wir es in verschiedenen Bereichen zum Nutzen anderer Forschungsbereiche an und auch um seine Grenzen und Auswirkungen zu verstehen)
Informationsvisualisierung
Informationsvisualisierung ist ein Mittler zwischen Mensch und Maschine – sie macht maschinelle Daten für den Menschen lesbar und stellt eine Oberfläche bereit, um die Maschine zu bedienen. In dieser Rolle bündelt die Disziplin neben eigenen Beiträgen verschiedene Techniken der Informatik und stellt diese integriert zur Verfügung. Die Arbeitsgruppe leistet Grundlagenforschung hinsichtlich Visualisierungstechniken und untersucht interaktive visuelle Analysesysteme für verschiedene Disziplinen. Dabei werden die einfache Anwendbarkeit und eine gute Verständlichkeit der Visualisierungen sowie die Transparenz der Datenverarbeitung stets berücksichtigt. Die Forschung der Arbeitsgruppe gliedert sich in folgende Bereiche:
- Expressive Visual Encodings: Aussagekräftige Visualisierung von komplexen und dynamischen Prozessen und Verhaltensmustern.
- Explanatory Visual Reporting: Erklärende Kombinationen von Text bzw. Sprache und Visualisierung, wobei durch eine nahtlose Integration beide Medien verschmelzen.
- Enabling Visual Analytics: Analysemethoden, die durch vergleichende Darstellung sowie interaktives Editieren und Abstrahieren zu Schlussfolgerungen befähigen.
KI-Systementwicklung
Die Forschungsaktivitäten des AISE-Lehrstuhls liegen in der Schnittstelle von Künstlicher Intelligenz, Philosophie, Mathematik, Informatik und natürlicher Sprache. Aktuelle Forschung des Teams konzentriert sich auf Mechanisierung von formaler Argumentation und Erklärungen im Computer, um vertrauenswürdige KI-Systeme zu entwickeln. Ein besonderes Interesse gilt der Verwendung von klassischer Logik höherer Ordnung (HOL) als universelle Meta-Logik, um verschiedene nicht-klassische Logiken zu automatisieren und sie in aktuellen Anwendungen zu nutzen, darunter Maschinenethik und Maschinenrecht, Metaphysik (z. B. Gödels ontologisches Argument), mathematische Grundlagen (z.B. Kategorientheorie) und rationale Argumentation. Die Forschungsaktivitäten des AISE Teams sind aber weitreichender, und befassen sich z.B. auch mit der Integration von automatisiertem Argumentieren, maschinellem Lernen und agentenbasierten Architekturen. Die Kernkompetenzen von Prof. Dr. Benzmüller liegen im Bereich der klassischen Logik höherer Stufe (HOL), zu deren Semantik und Beweistheorie er beigetragen hat. Zusammen mit Kollegen und Studenten hat er auch die Leo-Theorembeweiser für HOL entwickelt.
Kognitive Systeme
Der Bereich Kognitive Systeme in der Angewandten Informatik befasst sich vor allem mit dem Thema Lernen. Beim Maschinellen Lernen geht es darum, Programme zu entwickeln, die es ermöglichen, dass Computer aus beispielhafter Erfahrung neues Wissen oder allgemeinere Fertigkeiten erwerben.
In der Forschung zum Maschinellen Lernen wird daran gearbeitet, bestehende Lernalgorithmen zu verbessern oder neue Lernalgorithmen zu entwickeln. Es wird versucht, menschliche Lernprozesse in Programmen nachzubilden.
Maschinelles Lernen gibt die Möglichkeit, Wissen und Fertigkeiten, für die kein explizites Modell angeben werden kann, dennoch in Computerprogrammen zu nutzen. Anwendungen sind zum Beispiel in der computergestützten Diagnostik, bei der Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen (data mining) oder bei der Entwicklung nutzeradaptiver Systeme.
Medieninformatik
Forschungsschwerpunkte in der Medieninformatik sind Kontextbezogenes Information Retrieval, Inhaltsbasierte Suche in Peer-To-Peer Netzwerken, Suchmaschinen für Internet- und Intranetanwendungen, Inhaltsbasierte Bildsuche, Software Engineering für interaktive multimediale Anwendungen, Entwicklungsumgebungen für Rapid eLearning-Anwendungen und Single-Source Ansätze zum eLearning.
Mensch-Computer-Interaktion
Die drei wesentlichen technologischen Entwicklungen der Mensch-Computer-Interaktion (MCI) spielen in der Forschung eine große Rolle: die interaktiven Systeme (mit graphischen Oberflächen und fensterbasierter Benutzerinteraktion); die kooperativen Systeme (zur rechnergestützten Kommunikation und Kooperation) und die ubiquitären Systeme (zur natürlichen Benutzerinteraktion mit Hilfe von Sensoren und Aktuatoren über Fingergesten, Spracheingabe, usw.). Die Arbeiten liegen primär in den folgenden Bereichen:
- Grundlagen: methodologische, konzeptionelle und technologische Grundlagen für die Gestaltung der Systeme
- Kontextunterstützung: Sensoren für die Erfassung von Informationen, Indikatoren für die Präsentation von Informationen, Modellierung von Informationen und Kontexten
- Neuartige Benutzungsschnittstellen: Konzeption, Realisierung und Evaluierung von mobilen und Web-basierten Benutzungsschnittstellen sowie von Ambient Interfaces, welche die physische Umgebung der Benutzerinnen und Benutzer zur Darstellung von digitaler Informationen verwenden.
Multimodal Intelligent Interaction
Zu den Schwerpunkten des Lehrstuhls zählen intelligente Systeme, die Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen, sowie die Bewältigung komplexer Aufgaben und gemeinsame Handlungsszenarien.
Ein intelligentes System muss komplexe Aufgaben verstehen und lösen können, wenn es autonom mit seiner Umwelt interagieren soll. Hierdurch ist eine Reihe von Herausforderungen gegeben: unstrukturierte Umgebungen erfordern flexible Lösungen, um auf äußere Einflüsse reagieren zu können. Zudem können Aufgaben meist auf unterschiedliche Art und Weise gelöst werden und müssen an die Fähigkeiten des Systems angepasst werden. Durch Mehrdeutigkeiten bei der Interaktion mit Menschen entstehen unklare Anweisungen, die für ein vollständiges Verständnis z.B. aus dem Kontext ergänzt werden müssen. Neben der Anforderung, menschliches Verhalten antizipieren zu können und eine Vielzahl von Modalitäten zu unterstützen muss daher auch entsprechendes Allgemein- und Anwendungswissen abgebildet werden. Die Kombination von symbolischer und subsymbolischer KI in einem hybriden Ansatz steht hier im Fokus. Auch soziale Aspekte sind bei einer derartigen Zusammenarbeit mit Menschen zu beachten.
Sprachgenerierung und Dialogsysteme
Der Lehrstuhl für Sprachgenerierung und Dialogsysteme forscht im Bereich Conversational AI an der Natürlichkeit der sprachbasierten Mensch-Maschine-Interaktion. Dabei steht die Technologieforschung im Mittelpunkt sowie die Frage, welches Verhalten von Menschen als natürlich empfunden wird. Die Forschung des Lehrstuhls befasst sich mit den folgenden Fragen: Wie lässt sich eine natürliche Interaktion technisch umsetzen, welche Eigenschaften und Fähigkeiten muss ein System haben, um auf natürliche Weise kommunizieren zu können und welche Faktoren bewirken, dass das Verhalten des Systems als natürlich wahrgenommen wird? Um dies zu erreichen werden Large Language Models kombiniert mit klassischer Dialogmanagementtechnologie, erklärbares Reinforcement Learning und Active und Weakly Supervised Learning.
Smart Environments
Forschung im Bereich Smart Environments trägt zum universitätsweiten Forschungsschwerpunkt menschzentrierter künstlicher Intelligenz (KI) bei, indem KI-Techniken für interaktive und kontextsensitive Anwendungen erforscht werden. Die Verarbeitung von Wissen über Raum und Zeit spielt dabei eine zentrale Rolle (knowledge representation, qualitative spatial and temporal reasoning). Es wird untersucht, wie intelligente Systeme durch Lernen und Wahrnehmung Wissen über ihre Umwelt erwerben können, wie effizient Schlussfolgerungen aus diesem gezogen werden können, wie darüber mit Menschen kommuniziert werden kann, und wie derartige Techniken in einem technischen System integriert werden können.
User Experience und Design
Technologie ist nicht mehr auf unsere Büros, Schulen und Wohnungen beschränkt, sondern breitet sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit in unseren alltäglichen öffentlichen Stadtlandschaften aus. Während viele aktuelle städtische Computersysteme vor allem auf Effizienzsteigerung und Überwachung fokussieren, verweist die Arbeitsgruppe mit ihrer Grundlagenforschung auf ein weitaus größeres Spektrum des städtischen Leben. Mittels "Forschung durch Gestaltung" erschließen wir für den öffentlichen urbanen Raum neue Entwurfsprozesse, Interaktionstechniken und Benutzerschnittstellen und analysieren resultierende Erlebnisqualitäten, emotionale Konsequenzen, soziales Verhalten, räumliche und pragmatische Qualitäten, denn Staunen, Spielen, Verweilen, Mehrdeutigkeit, Neugier, Drama, Zweifel, Schönheit bereichern unseren Stadtraum ebenso wie der Bedarf an Effizienz.
Die Forschungsschwerpunkte liegen kurz gefasst in folgenden Technologiefeldern:
Interaction Design, Interface Design, Media Architecture, Tangible, Embedded and Embodied Interaction, Urban HCI, Urban Technology, Physical Computing, Prototyping