„Steuerpolitik als rein nationale Angelegenheit funktioniert nicht mehr“
Der eine unterschlägt die Zweitwohnung, der andere bunkert Geld in Steueroasen. Fälle prominenter Steuersünder gab es in den vergangenen Jahren in Deutschland zuhauf. Vorschläge, um Steuerhinterziehung – insbesondere im internationalen Kontext – künftig einzudämmen, hat der Politikwissenschaftler Thomas Rixen.
Vergangenes Jahr erst schlug der Fall des ehemaligen FC-Bayern-Präsenten Uli Hoeneß Wellen: Er hatte dem Fiskus mit seinem Schweizer Geheimkonto eine zweistellige Millionensumme unterschlagen. Glaubt man einer vom Spiegel zitierten internen Schätzung der Credit Suisse, verstecken bis zu 100.000 Deutsche ihr Geld in der Schweiz. Sind die Deutschen besonders große Steuersünder? Eine Frage, die Dr. Thomas Rixen, Professor für Politikwissenschaft, insbesondere international vergleichende Politikfeldanalyse, mit einem klaren Nein beantworten kann: „Wir wissen, dass Steuerhinterziehung in allen Ländern vorkommt. Da ist Deutschland weder Ausnahme noch rühmliches Gegenbeispiel.“
Rixen hat an der Universität Hamburg Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre studiert. Sein Forschungsschwerpunkt Steuerpolitik im internationalen Kontext ist an der Schnittstelle beider Fächer angesiedelt.
Konsequenterer Steuervollzug in Schweden
In den skandinavischen Ländern sind Fälle von Steuerhinterziehung weitaus seltener als hierzulande. Zwei Begründungen hat Rixen für diese Beobachtung parat. „In Schweden wird das Steuerrecht besser durchgesetzt“, erklärt er. Anders gesagt: Der Steuervollzug geschieht konsequenter und vor allem auch transparenter. Der schwedische Steuerzahler erhält eine fertig ausgefüllte Steuererklärung vom Finanzamt. Ein paar wenige Angaben muss er selbst ergänzen. Außerdem werden in Schweden viele Steuern auf lokaler Ebene erhoben. „Da weiß der Bürger ganz genau, wo sein Geld hingeht“, so Rixen. In die Renovierung des Gemeindekindergartens oder den Bau eines neuen Sportheims etwa. Anders verhält es sich in Deutschland. „Hier ist das Steuersystem hochkomplex. Viele Ziele sollen mit vielen unterschiedlichen Steuern erreicht werden, “ führt Rixen aus. „Die Skepsis der Bürger dem Steuersystem gegenüber ist dementsprechend groß.“
Transparenz als Schlüsselkriterium
Rixen hat – zum Teil im Auftrag politischer Stiftungen – mehrere Strategiepapiere verfasst. Sie enthalten Überlegungen hin zu einem gerechteren Steuersystem in Deutschland. „Da geht es nicht um die eine große, alles revolutionierende Änderung“, führt er aus. Vielmehr schlägt er kleine Detailreformen vor. Er votiert etwa für eine bessere Berichterstattung über die verwendeten Steuergelder. „Es gibt solche Daten bereits – aber längst nicht in einer allgemeinverständlichen Form, mit der auch wirklich jeder Bürger etwas anfangen kann.“ Die so erzielte Transparenz könne Rixen zufolge dazu beitragen, dass Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit von Steuern stärker einleuchte. So betonte er jüngst in einem Interview mit der Wirtschaftszeitschrift brand eins: „Wir müssen uns auf den Gedanken einlassen, dass wir selbst es sind, die uns besteuern. Es ist nicht der Staat, der uns etwas wegnimmt. Wir besteuern uns selbst, um diesen Staat zu haben.“
Plädoyer für eine internationale Steuerbehörde
Schlagzeilen, wenn es um Steuerhinterziehung geht, machen vor allem Prominente. Gleichwohl lässt sich durch alle Schichten und Klassen hindurch die Bereitschaft feststellen, Steuern zu hinterziehen. Der Unterschied, betont Rixen, liege aber in den Möglichkeiten. Steuerhinterziehung im internationalen Kontext zum Beispiel funktioniert oft über Treuhandgesellschaften und Stiftungen. „Da muss man über entsprechend Kapital verfügen, damit man überhaupt Kunde solcher Anbieter werden kann“, erklärt er.
Damit solche Fälle von Steuerhinterziehung künftig der Vergangenheit angehören, plädiert Rixen für eine internationale Steuerorganisation: „Steuerpolitik ist im Moment noch eine rein nationale Angelegenheit. In Zeiten des mobilen Kapitals ist dieses System aber nicht länger praktikabel.“ Rixen betont die Notwendigkeit gemeinsamer Regeln. Ansonsten sei das Szenario denkbar, dass sich Staaten immer mehr mit ihren Steuersätzen unterbieten, um Kapital anzuziehen: „Am Ende wird dann gar nichts mehr besteuert – so können Staaten allerdings nicht funktionieren.“ Die von Rixen vorgeschlagene internationale Steuerbehörde nimmt die Welthandelsorganisation zum Vorbild: „Auch dort gibt es Regeln sowie Klage- und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstoß gegen diese Regeln.“
Ansprechpartner für Rückfragen:
Prof. Dr. Thomas Rixen
Professur für Politikwissenschaft, insbesondere international vergleichende Politikfeldanalyse
Feldkirchenstrasse 21
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E-Mail: thomas.rixen@uni-bamberg.de
Hinweis
Diesen Text verfasste Andrea Lösel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
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