Zu einer guten Social-Media-Strategie gehören nicht nur Überlegungen zu Inhalten, ... (Foto: Pressestelle)

... sondern auch Mitarbeiter-Guidelines (Quelle: Screenshot des Tchibo-Mitarbeiter-Videos "Herr Bohne geht ins Netz"; blog.tchibo.com/videos/herr-bohne-geht-ins-netz)

Björn Ivens (l.) und Philipp Rauschnabel forschen im Bereich Social Media (Fotos: privat)

Markenbotschafter statt Image-Risiko

Marketing-Lehrstuhl untersucht Social-Media-Richtlinien für Mitarbeiter

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich im Netz bewegen, prägen das Image gerade der größeren Unternehmen. „Sie können nicht nur sich, sondern auch ihrem Unternehmen durch Fehlverhalten oder auch durch eigentlich gutgemeintes Engagement schaden“, so Prof. Dr. Björn Ivens, der den Lehrstuhl für BWL, insbesondere Marketing leitet. Wenn Praktikanten mit Lebensmitteln herumspielen, sich dabei filmen und das Video auf Youtube kursiert, hat die ganze Pizzakette ein Problem. Wenn VW-Angestellte in einem Forum verkünden, eine bestimmte Schraube würde schon noch halten, und danach ein Unfall passiert, dann unterscheiden manche Nutzer nicht zwischen der offiziellen Unternehmensmeinung und der privaten Mitarbeitermeinung. Weniger öffentlich, aber trotzdem geschäftsschädigend ist das Facebook-Posting, das versehentlich dem Mitbewerber verrät, wo der nächste Termin stattfindet, das Foto auf Flickr mit einer vertraulichen Tagesordnung – oder schlicht die Ablenkung von der Arbeit.

Abhilfe schaffen Verhaltensregeln für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den aktiven und passiven Umgang mit Social Media im Zusammenhang mit dem Unternehmen definieren und sie für Chancen und Risiken sensibilisieren. „Während die Social-Media-Strategien für die offiziellen Unternehmensauftritte bereits gut erforscht sind, gibt es kaum fundierte wissenschaftliche Studien zu Social-Media-Guidelines“, erklärt Ivens Mitarbeiter Philipp Rauschnabel. Wie die Kommunikation über die Neuen Medien am besten in der Unternehmenskommunikation verankert wird, welche Prozesse und Strategien hinter erfolgreichem Social-Media-Marketing stecken, diese Forschungslücken wollen die Bamberger Wissenschaftler schließen. Dabei arbeiten sie intensiv mit Unternehmen zusammen, entwickeln gemeinsam Analysetools und führen mit deren Fans Quasi-Experimente durch.

Jeden ansprechen

In zwei Studien untersuchten Ivens und Rauschnabel zusammen mit Verena Koch (Universität Bamberg) und Kirsten Mrkwicka (Universität St. Gallen) Mitarbeiter-Guidelines. Zunächst befragten sie 12 Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Beratungen und der Wissenschaft, um eine idealtypische Vorgehensweise bei der Entwicklung der Guidelines zu identifizieren. Sie konnten dabei fünf Stufen identifizieren: Ein kompetentes Team bilden, Rahmenbedingungen untersuchen und Ziele festlegen, Richtlinien erstellen und anpassen, Richtlinien einführen, Ergebnis überprüfen.

Bei der späteren Implementierung der Richtlinien am wichtigsten: In vielen Unternehmen werden Social-Media-Schulungen für die PR-Abteilung oder die Führungsebene angeboten. Ein Fehler, sagen Ivens und Rauschnabel, denn die können ohnehin besser damit umgehen oder sind beruflich so sehr eingespannt, dass sie Social Media nur wenig intensiv nutzen. Viel wichtiger ist, dass die Richtlinien die normalen Angestellten und Praktikanten, die Azubis und Ferienarbeitskräfte erreichen. Sie alle sollten die Richtlinien kennenlernen und sie jederzeit nachschlagen können. Auch sollten sie sensibilisiert werden, sodass jeder ein gewisses Grundverständnis über Social Media hat und dementsprechend auch selber abschätzen kann, wozu Fehlverhalten führt.

Nicht zu viele Verbote

In einem zweiten Schritt hat der Marketing-Lehrstuhl nach den Inhalten von Social-Media-Guidelines gefragt. Ausgewertet wurden dabei Richtlinien von DAX-Unternehmen und 38 weitere, die als „Best Practice“-Beispiele gelten. Wie stiefmütterlich das Thema auch in der Unternehmenspraxis behandelt wird, zeigt die Tatsache, dass von den 30 DAX-Unternehmen nur 12 ihre Mitarbeiter-Guidelines untersuchen ließen. „Die übrigen verweigerten die Herausgabe wegen des Betriebsgeheimnisses – oder hatten gar keine Guidelines“, erzählt der Doktorand Rauschnabel. Als Hauptziele der untersuchten Richtlinien nennen die Unternehmen Sensibilisierung und Kompetenzsteigerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Transparenz und Authentizität in der Unternehmenskommunikation. Viele der Guidelines nennen deshalb explizite Botschaften und geben Tipps, wie die eigene Identität transparent wird und die Privatmeinung von der Unternehmensmeinung differenziert werden kann. Aber auch Fragen des Urheberrechts, Datenschutzes oder Betriebsgeheimnisses werden behandelt.

Ivens und Rauschnabel konnten drei Arten von Social Media Guidelines identifizieren – je nach Inhalt, Tonalität und Verbindlichkeit. Die Richtlinien in der ersten Gruppe sind sehr streng. „Sie zeichnen sich durch eine hohe Verbindlichkeit aus und ergänzen bestehende Regeln“, erklärt Ivens. Die zweite Gruppe ist gekennzeichnet durch eine motivierende und weniger verbindliche Aufmachung. „Diese Guidelines sollen die Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen“, so Rauschnabel. Der Rest der Guidelines ist tendenziell ebenfalls unverbindlich, dabei aber nicht sehr motivierend. Die Studie findet auch in der Praxis großen Anklang, sodass das Team die Ergebnisse mittlerweile bei verschiedenen Coaching- und Praxisprojekten mit positivem Feedback einsetzt.  Eine zentrale Empfehlung geben die Wirtschaftswissenschaftler in ihrem Beitrag: „Entwickeln Sie Guidelines, um mögliche Schäden abzuwenden und das Potenzial von Social Media zu nutzen. Aber beachten Sie: Viele Verbote sind nicht zwangsläufig besser!“

Zeitschriftenartikel (nur mit Login): Social Media Guidelines: Aspekte der Realisierung. Marketing Review St. Gallen   Ausgabe 05/2013  Seite 36-47. Autor(en): Philipp A. Rauschnabel, Kirsten Mrkwicka, Verena Koch, Prof. Dr. Björn S. Ivens. Quelle: Dr. Th. Gabler-/GWV Fachverlage GmbH (2013)

www.springerprofessional.de/social-media-guidelines-aspekte-der-realisierung/4743362.html

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Hinweis

Diesen Text verfasste Katja Hirnickel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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