Vom Römischen Reich ins fränkische Rom
Michaela Konrad liebt das Wandern, per pedes unterwegs, bevorzugt in Höhen, wo „keine Römer waren“. Zu den Römern zieht es sie schließlich schon beruflich. Bevor Konrad 2007 als Professorin nach Bamberg kam, führten sie ihre Forschungen innerhalb der Archäologie Römischer Provinzen vom Bodensee bis nach Syrien.
Konrads Interesse an der archäologischen Altertumsforschung begann in Heidenheim an der Brenz, ihrer Heimatstadt. Schon als Schülerin nahm sie hier an Ausgrabungen teil. Zunächst liebäugelte sie mit der Klassischen Archäologie, bevor sie ihre Begeisterung an der in den Boden eingreifenden Altertumswissenschaften, der Provinzialrömischen Archäologie und Ur- und Frühgeschichte, entdeckte. Nach ihrer Magisterarbeit in München promovierte sie dort zum römischen Gräberfeld von Bregenz.
An den Grenzen des einstigen Römischen Weltreiches wandelnd
Mit einem Forschungsstipendium des Deutschen Archäologischen Institutes verschlug es Konrad in die syrische Wüstensteppe. Die Grenzen des Römischen Reiches, den Limesabschnitt der einstigen Provinz Syria, galt es hier unter die archäologische Lupe zu nehmen. Einen Schwerpunkt der Untersuchungen bildete Resafa-Sergiupolis, die Pilgerstadt und frühe Begegnungsstätte von Christentum und Islam. Monumentale mittelalterliche Ruinen umgaben Konrad. „Bei der Suche nach Überresten römischer Mauern mussten wir bis zu fünf Meter tief graben“, erzählt die Wissenschaftlerin. Sie ist fasziniert von jenem Kulturraum Steppe, und so versucht sie, durch ihre Forschungen die Lebensverhältnisse in römischer Zeit zu rekonstruieren. Doch nicht ausschließlich die spätantiken und mittelalterlichen Bauwerke, Befunde und Funde wecken ihr Interesse: „Erst Menschen, Lebensweise und Mentalität der Gegenwart ergänzen die historisch-kulturelle Betrachtung einer Region zum charakteristischen Gesamtbild.“
Zurück nach Deutschland – ins Barbaricum
Mittlerweile begleitet und leitet Konrad seit über 20 Jahren archäologische Aktivitäten in Syrien, ihr Lebensmittelpunkt liegt jedoch längst wieder in Bayern. Im einst barbarischen, „fränkischen Rom“ sei sie, obwohl sie noch regelmäßig für Literaturarbeiten zu ihrem langjährigen Wohnort München pendelt, „gut angekommen“. Sie schätzt an der Otto-Friedrich-Universität den freundlichen Umgang und – vor dem Hochzeitshaus stehend und in Richtung ehemaliges Schlachthaus deutend – die kurzen Wege. Theater, Lesungen, Musik, Gaumenfreuden – Kultur gilt es für Michaela Konrad in ihren verschiedensten Facetten zu erleben. Nun macht sie sich in Bamberg mit der fränkischen Kultur bekannt.
Die Rolle der Archäologie Römischer Provinzen
Konrad nippt an einem Schälchen schwarzen Tees. Das Bücherregal auf der anderen Seite des Raumes sowie die gepolsterten, antiken Möbel in der Teestube am Pfahlplätzchen laden zu einem längeren Aufenthalt ein. Auf die Frage, welche besondere Rolle der Archäologie in einer historisch gut beschriebenen Zeit zukäme, hebt Konrad den Charakter der grabenden Forschung hervor: „Befunde und Funde sind zunächst wertfreie Quellen, so gilt es, sie gewissenhaft zu dokumentieren, zu kontextualisieren und zu interpretieren.“ Anhand der Schriftquellen ließe sich dann prüfen, ergänzen, abgleichen. „Geschriebene Geschichte gibt eine Ansicht, eine bestimmte Perspektive wieder, oft bleibt dabei die Alltagskultur unbehandelt“, so Konrad. Speziell die Archäologie Römischer Provinzen ermögliche dagegen die Auseinandersetzung mit den in den Schriftquellen meist nicht erwähnten Lebensverhältnissen in den Provinzen im Aufeinandertreffen von autochthoner und römischer Kultur.
Verständnis der europäischen Idee
In Bamberg strebt Konrad die Fortführung internationaler und nationaler Projekte sowie neue Kooperationen an. Wichtig ist ihr dabei die weite Teile Europas und den mediterranen Raum umfassende Dimension der Provinzialrömischen Archäologie. Als kulturell verbindende und zugleich regional spezifische Grundlage des Mittelalters stellt das Römische Reich ein weitgreifendes verbindendes Element der Historie dar. Dieses vermag ein „auf geschichtlichen Inhalten basierendes Verständnis der europäischen Idee“ auszubilden, spiegele aber gleichzeitig kulturelle Eigenständigkeit und Identität der einzelnen Regionen wider, erklärt Konrad. Gerade darin sieht sie auch einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag des Faches Archäologie der Römischen Provinzen.
Antrittsvorlesung
Die Antrittsvorlesung von Michaela Konrad findet am 18. Mai um 19 Uhr im Gebäude An der Universität 2, Raum 025, statt.