Thomas Egner vor seinen ausländischen Steuergesetzbüchern (Fotos: Felix Hofmann)

Steuererklärung auf dem Bierdeckel: Weder realistisch noch gerecht ... (Foto: Petra Perle und Amrei-Marie/wikimedia/CC-by-sa 3.0)

... plädiert Egner für eine ausführliche Steuererklärung (Foto: Andreas Morlok/pixelio.de)

Der Wirtschaftswissenschaftler an seinem Schreibtisch in der Kirschäckerstraße

- Felix Hofmann

Eine Leidenschaft für Steuern

Wirtschaftswissenschaftler Thomas Egner stellt sich vor

Vom oberbayerischen Chiemsee stammend verschlug es Thomas Egner bereits zum Studium nach Oberfranken. In der Großstadt München zu studieren kam für ihn nie in Frage, erklärt er. Deshalb entschied er sich für die Universität Bayreuth. Dort studierte er Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung. Trotz attraktiver Angebote verschiedener außeruniversitärer Arbeitgeber entschied sich Egner nach dem Studium für eine Promotion und teilte sich zunächst eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einem Kommilitonen. Ausschlaggebend für die Entscheidung, auch danach an der Universität zu bleiben und nicht sein Glück als Steuerberater zu suchen, war letzten Endes das Angebot seines Doktorvaters Prof. Dr. Jochen Sigloch, in Bayreuth zu habilitieren. „Es war vor allem der individuelle Freiheitsgrad an der Universität, der mich davon überzeugt hat, nicht in der freien Wirtschaft zu arbeiten, sondern zu unterrichten. Hier kann ich mir meine Forschungsschwerpunkte selbst suchen; und abwechslungsreicher ist die Arbeit außerdem noch“, so Thomas Egner im Interview mit der News-Redaktion.

Bamberg und seine Universität    

Nach Forschungs- und Lehrtätigkeiten an der Universität Duisburg-Essen und der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr erhielt Egner 2009 den Ruf der Otto-Friedrich-Universität Bamberg an den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebliche Steuerlehre. Eingegliedert ist dieser Lehrstuhl in das Controlling, Finance & Accounting-Cluster der Fachgruppe BWL, was für Thomas Egner ein wichtiger Grund für seine Entscheidung war, dem Ruf zu folgen. Er sieht darin eine gute Möglichkeit, innerhalb der BWL Querverbindungen über die Professuren und Lehrstühle hinweg herzustellen, zum Beispiel im Bereich Kapitalmarktorientierung. Darüber hinaus gefallen ihm die Größe und das Ambiente der Stadt Bamberg. An die fränkische Mentalität sei er ja ohnehin nach seiner Studienzeit in Bayreuth schon gewöhnt, erzählt Egner lachend. „Großstadt kam für mich nicht in Frage, weder für das Studium noch für die Arbeit als Professor.“

Nicht zwangsläufig trockenes Brot

Die Begeisterung, die Egner für Steuern hegt, ist vom ersten Moment des Interviews an spürbar. Bereits vor dem Studium, als für ihn noch eine Karriere in der Finanzverwaltung zur Debatte stand, entwickelte er dieses Interesse. „Ich bin immer noch überzeugt, dass dies eines der spannendsten Gebiete der BWL ist“, schildert der Wirtschaftswissenschaftler seine Passion. Was für viele befremdlich klingen mag, kommt ihm mit einer Selbstverständlichkeit über die Lippen, die bei seinen Zuhörern die Neugier entfacht. „Mich fasziniert gerade die Wirkung, die Steuern auf Individuen und Unternehmen ausüben.“ So könne man nicht nur das tatsächliche unternehmerische Geschehen betriebswirtschaftlich analysieren, sondern auch die hinter jeder Unternehmenstätigkeit steckenden Steuern.

Internationale Ausrichtung des Lehrstuhls

Thomas Egners Forschungsschwerpunkte liegen hauptsächlich in der Steuerwirkung an Kapitalmärkten und dem internationalen Vergleich der Steuerbelastung. Am Lehrstuhl geht man beispielsweise der Frage nach, ob osteuropäische Länder wie Bulgarien oder Estland wirklich so steuergünstig sind. „Die Problematik liegt darin, dass wir generell nicht viele aussagekräftige Daten über Steuerbelastungen haben“, betont Egner. Da das Steuergeheimnis gilt, bekommt er keine unmittelbaren Daten vom Staat. Steuerwirkungen muss er demnach indirekt über Schätzungen und Kapitalströme messen.

Nachdem er bereits kurz in England gelehrt hat, könnte sich der Wirtschaftswissenschaftler gut vorstellen, noch einmal im Ausland zu dozieren. „Nicht etwa wegen der Kängurus, sondern aus fachlicher Sicht würde es mich nach Australien ziehen.“ Denn dem australischen Steuersystem sagt man eine gewisse Einfachheit nach. Thomas Egner würde gerne herauszufinden, ob auch Laien die Expertenmeinung bezüglich des einfachen Systems teilen. Man könne außerdem einen Vergleich ziehen mit Deutschland, wo traditionell über die Komplexität der Besteuerung geschimpft wird, begeistert er sich.

Steuern sind überall

Auf die Frage, wie er sein Thema den Studierenden schmackhaft macht, entgegnet der Professor: „Man muss ihnen zeigen, dass alle Handlungen einen steuerlichen Schatten mit sich bringen.“ So würden das Trinken einer einfachen Tasse Kaffee oder – als komplexeres Beispiel – die Heirat immer einen „steuerlichen Rattenschwanz“ nach sich ziehen. Eindrucksvoll hat er seine Methode, das trockene Thema interessant zu gestalten, bereits bei seiner Antrittsvorlesung angewandt. Als Beispiel diente ihm eine gewöhnliche Currywurst: Anhand der unterschiedlichen steuerlichen Belastung einer Currywurst im Stehimbiss (7 Prozent) und im Restaurant (19 Prozent) veranschaulichte er die Komplexität des deutschen Steuersystems. „Außerdem interessiert mich, ob Vorschläge wie der des ehemaligen Politikers Friedrich Merz, das Steuersystem so zu vereinfachen, dass eine Steuererklärung auf einen Bierdeckel passen würde, im Sinne der Steuergerechtigkeit vernünftig sind. Leider erscheint die Steuererklärung auf dem Bierdeckel weder realistisch noch gerecht.“

Eine Marotte von Berufs wegen

Der Familienmensch Thomas Egner, Vater dreier Kinder, verbringt seine spärlich gesäte freie Zeit im Kreise seiner Familie und liest gerne Krimis. Regelmäßig erntet er wegen einer ungewöhnlichen Eigenart zu Anfang jedes Urlaubsaufenthaltes im Ausland von seiner Frau ein Kopfschütteln. Nämlich genau dann, wenn er wieder voller Neugier auf die ausländische Steuergesetzgebung mit einem örtlichen Steuergesetz unterm Arm aus der Buchhandlung zurückkehrt. „Ich gebe zu, manchmal schieße ich mit meiner Passion für Steuern etwas über das Ziel hinaus. Doch wie es mit Leidenschaften eben so ist, kann man sie nicht einfach auf Knopfdruck abstellen, auch nicht im Urlaub.“