363. Geburtstag der Universität Bamberg
Im Gegensatz zum 18. Jahrhundert, in dem sich die Academia Ottoniana zur Volluniversität entwickelte, habe Bildung in der heutigen Politik einen schweren Stand. Die Universitäten müssten sich ‚sehr lang machen’, um ein möglichst großes Stück des kleiner werdenden Staatskuchens an sich zu ziehen, beschrieb der Präsident der Universität Bamberg Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert die aktuellen Herausforderungen in seiner Begrüßungsrede am 8. November in der AULA.
Historischer Höchststand: 10.186 Studierende
„Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn der letzte Dollar weg ist“, zitierte Ruppert Mark Twain und verlieh seiner Befürchtung Ausdruck, dass mancher Politiker die Aussage vielleicht missverstanden habe im Sinne von ‚die Bildung werde schon noch überbleiben, auch wenn man den Bildungsinstitutionen den letzten Dollar weggenommen hat’. Doch für die systematische Weitergabe von Bildung brauche die Universität auch den letzten Dollar, den der Staat zur Verfügung stellt, machte Ruppert deutlich.
Die Einschreibungszahlen erreichten mit 10.186 Studierenden zum Wintersemester 2010/11 den historischen Höchststand an der Otto-Friedrich-Universität. Damit übertrifft Bamberg sogar erstmals die Zahl der Studierenden an der Nachbaruniversität Bayreuth. Gerade vor dem Hintergrund der steigenden Studierendenzahlen und der letzten großen Schülerkohorte, die mitsamt dem bevorstehenden Doppelten Abiturjahrgang 2011 auf die Hochschulen und Universitäten zuliefen, seien die geplanten Sofortmaßnahmen im Haushaltsvollzug undenkbar. Ruppert stimmte der Idee, den künftigen Generationen eine gesicherte Zukunft zu bieten, zwar grundlegend zu. „Doch ihnen deswegen eine eindeutig und unzweifelhaft schlechtere Bildung zukommen zu lassen als den Generationen zuvor, noch dazu gegen alle Versprechungen, ist eben das genaue Gegenteil von Zukunftssicherung“, schloss er mahnend.
Kürzungen trotz Studierendenhoch
Im Zusammenhang mit den geplanten Kürzungen forderte er von der Politik, das Argumentationsniveau von Stammtischhöhe zu heben und Aussagen wie ‚3 Prozent könne in jedem Haushalt eingespart werden, das wisse man doch aus dem Privathaushalt’ kritischer zu betrachten. Ein Privathaushalt könne nicht mit einem Staatshaushalt verglichen werden, das verdeutlichte Ruppert mit einer Rechnung: Im universitären Haushalt seien 65 bis 70 Prozent für Personalausgaben gebunden und dem Rotstift daher von vorneherein entzogen. Blieben etwa 35 Prozent, die wiederum einer generellen Haushaltssperre von 30 Prozent unterliegen. Diese 35 Prozent auf dem Papier (des Haushaltsplans) seien real damit nur noch 24,5 Prozent. Von denen wiederum sind wenigstens 10 Prozent nicht zu reduzieren, da sie Betriebskosten darstellen. „Wenn man die scheinbar marginalen 3 Prozent aber aus 15 Prozent des Haushaltsansatzes erbringen muss, entspricht das einer Kürzung von 20 Prozent“, rechnete Ruppert vor. Was bei einer gleichzeitigen Steigerung der Studierendenzahlen um 11,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eine unlösbare Aufgabe sei.
Bildungsinvestitionen bringen höchste Rendite
Sollten die Kürzungen durchgesetzt werden, platze die Planung zum Ausbau der Kapazitäten. Das hätte zur Folge, dass die große Schülerkohorte samt Doppeltem Abiturjahrgang entweder deutlich schlechtere Studienbedingungen als bisher vorfinde oder erst gar keinen Studienplatz bekäme, da die Universitäten wieder Zulassungsbeschränkungen einführen müssten, zeigte Ruppert die wenig erfreulichen Alternativen.
Zudem koste das Sparen in Falle der Universität Bamberg den Staat mehr, als das Ausgeben, versicherte Godehard Ruppert. Da nämlich Drittmittel in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu großen Teilen in Personal investiert werden, würde wiederum etwa ein Drittel in Form direkter und indirekter Steuern an den Staat zurückfließen. „Seit Benjamin Franklin wissen wir, dass Investitionen in die Bildung die höchste Rendite erbringen – und damit langfristig die niedrigste Verschuldung. Einsparungen im Bereich der Bildung zur Eindämmung der Verschuldung erreichen langfristig das genaue Gegenteil, weil sie künftige Steuerausfälle generieren.“
Finanzielle Unterstützung aus Tirana?
In Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte sei die Sichtweise eines Transformationslandes wie Albanien auf die Bedeutung der Wissenschaft für die Entwicklung des Landes besonders interessant, begrüßte Ruppert Prof. Dr. Myqerem Tafaj, Minister für Bildung und Wissenschaft der Republik Albaniens, und Prof. Dr. Dhori Kule, Rektor der Universität Tirana.
Kule bedankte sich in seinem Grußwort für die guten Beziehungen und den regen Austausch zwischen der Universität Bamberg und Tirana. Er sprach vor allem Prof. Dr. Heinz-Dieter Wenzel vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft seinen Dank aus. Wenzel sei maßgeblich daran beteiligt, den in Bamberg erprobten Studiengang European Economic Studie an der Universität in Tirana zu etablieren. Am Ende seiner Grußworte, nahm er Bezug auf die geplanten Sparmaßnahmen der bayrischen Staatsregierung und bot schmunzelnd seine Hilfe an.
Wirtschaftliche Entwicklung durch Bildung und Wissenschaft
Im Anschluss hielt Prof. Dr. Myqerem Tafaj, Minister für Bildung und Wissenschaft der Republik Albaniens, den Festvortrag über die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft bei der Transformation Albaniens. Zu Zeiten des Kommunismus und der Planwirtschaft vor 1990 unterlag die Bildung an albanischen Universitäten starker Indoktrination, so Tafaj. Regime-Gegnern wäre der Weg zur Bildung erschwert worden und in der Wissenschaft und Forschung hätten nur ausgewählte Personen lehren dürfen, die in die Weltanschauung der kommunistischen Regierung passten.
Als das kommunistische System 1990/91 zerbrach, hätte die Wirtschaft mit dem Umbau von der Plan- in eine Marktwirtschaft vor einer großen Herausforderung gestanden. Zudem hätte das Land mit Massenauswanderungen zu kämpfen gehabt, wodurch die Zahl der Schüler stark zurückging. Das neue Bildungssystem zeige jedoch schon zwanzig Jahre nach dem Regimesturz deutliche Erfolge. Die Rate des Analphabetismus habe sich merklich verringert und etwa 70 Prozent der Abiturienten bekämen einen Studienplatz. Dennoch bezeichnete Tafaj die Bildung in Albanien noch als unterentwickelt. Es fehle an Unterstützung in der Privatwirtschaft und es fehle dem ehemaligen Agrarland an Bildungstradition.
Erfreut berichtete der Minister für Bildung und Wissenschaft jedoch, dass die Bereitschaft der albanischen Bevölkerung in Bildung zu investieren, deutlich zugenommen habe. Im Durchschnitt gäben die Albaner 22,5 Prozent ihres Einkommens für Bildung aus und 7 Prozent der Studienanfänger gingen ist Ausland, sagte Tafaj. Zudem würde sehr in die IT-Infrastruktur an Schulen und in die Lebensmitteltechnologie investiert werden. Tafaj unterstrich die Notwendigkeit hochqualifizierter Fachkräfte in einem kleinen Land wie Albanien mit begrenzten Ressourcen. In diesem Zusammenhang formulierte er den Wandel von der Agrargesellschaft in eine Wissenschaftsgesellschaft als strategisches Ziel. Jedoch sei es schwierig, vor allem bei steigender Nachfrage von Bildung, die Qualität der Ausbildung sicherzustellen.
Preise für besondere wissenschaftliche Leistungen, studentisches Engagement und studierende Eltern
Im Anschluss an die Festrede des albanischen Ministers für Bildung und Wissenschaft ehrte Prof. Dr. Anna Susanne Steinweg, Vizepräsidentin für Forschung, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler für besondere wissenschaftliche Leistungen: Dr. Sara Keller, Dr. Florian Schulz, Dr. Andrea Gossler, Dr. Heinrich Olmer, Ulrike Nagengast, Matthias Pauldrach, Dr. Britta Wagner, Thomas Voit und Dr. Thomas Greif wurden für ihre hervorragenden Dissertationen am Dies academicus ausgezeichnet.
Der Vizepräsident für Lehre, Prof. Dr. Sebastian Kempgen, verlieh dem Referat für Kultur des Fachschaftsrats der Universität den Preis für studentisches Engagement für die Organisation des KONTAKT-Festivals. Die Türkin Özge Özkan erhielt den DAAD-Preis für hervorragende ausländische Studierende. Außerdem erhielten Tanja Günter und Margitta Salinger den Fritzi!-Preis für gute Abschlussarbeiten studierender Eltern.
Musikalisch begleitet wurde der Abend vom Blechbläserensemble der Universität – das die Festveranstaltung mit dem Lied „Land of Hope and Glory“ von Edward Elgar beendete.