Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung-GKV

Rückkehrmöglichkeiten von privater zu gesetzlicher Krankenversicherung April 2019

Viele privat krankenversicherte Arbeitnehmer und Selbstständige möchten gerne in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren, insbesondere, weil sie eine weitere nicht mehr bezahlbare Steigerung ihrer Beiträge in der PKV befürchten.

Der Gesetzgeber macht gemäß § 6 Abs.3a SGB V einen Unterschied zwischen Personen, die noch nicht 55 Jahre alt sind und denen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Für Personen, die die das 55. Lebensjahr vollendet haben, ist es nämlich nur noch sehr eingeschränkt möglich, in die GKV zurückzukehren.

Wenn Sie noch nicht 55 Jahre alt sind, lesen Sie bitte die Ausführungen unter A.

Wenn Sie das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, lesen Sie bitte die Ausführungen unter B.

Wenn Sie schwerbehindert sind, lesen Sie die Ausführungen unter C.

A I Sie sind Arbeitnehmer

A I 1 Senkung des Arbeitseinkommens unter die so genannte Versicherungspflichtgrenze

Als Arbeitnehmer werden Sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig, wenn Ihr regelmäßiges Arbeitsentgelt voraussichtlich für 1 Jahr unter die Versicherungspflichtgrenze sinkt. Diese beträgt im Jahre 2019 60.750,00 Euro jährlich = 5062,50 Euro monatlich. Für Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2002 privat krankenversichert waren, beträgt die Versicherungspflichtgrenze 54.450 € jährlich = 4537,50 € monatlich. Zum regelmäßigen Arbeitsentgelt gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Auch Bonuszahlungen sind bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zu berücksichtigen, wenn sie mit hinreichender Sicherheit erwartet werden können.

Sie können Ihr Einkommen auf verschiedene Weise senken:

Brückenteilzeit

Sie können nach § 9a des Teilzeit- und Befristungsgesetzes für ein Jahr Ihre Arbeitszeit reduzieren. Sie haben nach einem Jahr einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeitbeschäftigung, soweit Ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und Ihr Arbeitgeber mindestens 201 Arbeitnehmer beschäftigt. Beschäftigt Ihr Arbeitgeber nicht  mindestens 201 Arbeitnehmer, aber mindestens 46 Arbeitnehmer,  gilt der Rechtsanspruch auf Brückenteilzeit nur eingeschränkt.

Liegen die Voraussetzungen für eine Brückenteilzeit nicht vor, kann zwar auch Teilzeit beansprucht werden, wenn Ihr Arbeitgeber mindestens 16 Arbeitnehmer beschäftigt. Allerdings gibt es dann keinen Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit.

Nach Rückkehr zu einer Vollzeitbeschäftigung haben Sie die Möglichkeit, sich nach § 188 Abs. 4 SGB V freiwillig in der GKV zu versichern.

Sobald Sie in der GKV versichert sind, können Sie nach § 205 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht Ihre PKV  rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen.

Teilzeit während Elternzeit

Nach der Geburt Ihres Kindes haben Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 7 BEEG Anspruch  auf Verringerung Ihrer Arbeitszeit, soweit Ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, Ihr Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen, Sie Ihre Arbeitszeit für mindestens 12 Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringern und Sie dies Ihrem Arbeitgeber mindestens sieben Wochen vorher schriftlich mitgeteilt haben.

Achtung: nach Ende der Eltern-Teilzeit haben Sie hier einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeitbeschäftigung! Auch Ihre späteren Rentenansprüche sinken dadurch nicht oder nur geringfügig.

Sollten Sie entgegen den ursprünglichen Planungen bereits vor Ablauf der Jahresfrist zu einer Vollzeitbeschäftigung zurückkehren, haben Sie die Möglichkeit, sich nach § 188 Abs. 4 SGB V freiwillig zu versi-chern.

Sobald Sie in der GKV versichert sind, können Sie nach § 205 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht Ihre PKV  rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen.

 Familienpflegezeit

Eine andere Möglichkeit der Senkung Ihres Arbeitsentgelts und der Versicherungspflicht in der GKV ist die Inanspruchnahme einer Familienpflegezeit nach §§ 1 ff. des Familienpflegezeitgesetzes, um einen pflegebedürftigen nahen Familienangehörigen zu pflegen. Sie reduzieren im Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden pro Woche. Ihr Bruttogehalt wird in einem ersten Schritt entsprechend der reduzierten Arbeitsstunden gekürzt. Ihr Arbeitgeber muss dann Ihr Arbeitsentgelt wieder um die Hälfte der Kürzung aufstocken. Zum Ausgleich müssen Sie nach Ablauf der Familienpflegezeit wieder in Vollzeit arbeiten, bekommen aber so lange das reduzierte Gehalt, bis der Gehaltsvorschuss ausgeglichen worden ist.

Achtung: Bei diesem Modell haben Sie einen Rechtsanspruch auf Rückkehr zu einer Vollzeitbeschäftigung. Ihre Rentenansprüche sinken nicht und Sie haben Kündigungsschutz während der Familienpflegezeit.

Sobald Sie in der GKV versichert sind, können Sie nach § 205 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht Ihre PKV  rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen.

Entgeltumwandlung

Wenn Sie nur knapp oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdienen, können Sie auch von der Möglichkeit der Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung Gebrauch machen und dadurch versicherungspflichtig werden, dass Ihr ausgezahltes Bruttoarbeitsentgelt unter die Versicherungspflichtgrenze sinkt. Sie haben gegenüber Ihrem Arbeitgeber nach § 1a BetrAVG einen Rechtsanspruch, Ihr Gehalt steuer- und abgabenfrei bis zu 4% (2019 3216 Euro) der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung abzusenken.

Wertguthabenvereinbarung

Eine weitere Möglichkeit ist der Abschluss einer Wertguthabenvereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber über den Aufbau eines Wertguthabens gem. § 7b ff SGB IV.  Ein Wertguthaben, auch Zeitwertkonto oder Langzeitkonto genannt, hat das Ziel, eine längerfristige sozialversicherungsrechtlich geschützte Freistellung zB für Pflegezeit, Elternzeit, Vorruhestand oder Teilzeit aus Ihrem Einkommen zu finanzieren. Zu diesem Zweck können Sie bestimmen, dass Teile Ihres Arbeitsentgelts in einem Wertguthaben angespart, verzinst und im Falle einer Freistellung oder bei Teilzeit durch den Arbeitgeber wieder ausgezahlt werden. Das Wertguthaben muss in Geld geführt und gegen Insolvenz geschützt sein. Der Nominalwert des eingezahlten Arbeitsentgelts muss durch den Arbeitgeber garantiert sein. Wird das Wertguthaben nicht vereinbarungsgemäß verwendet (Beispiele Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Tod, einvernehmliche Auszahlung außerhalb der Freistellung) muss das Wertguthaben an den Arbeitnehmer bzw. seine Erben wieder ausgezahlt, versteuert und verbeitragt werden (Störfall).

Sinkt durch eine solche Wertguthabenvereinbarung Ihr ausgezahltes Bruttoarbeitsentgelt unter die Versicherungspflichtgrenze (2019 siehe A I 1), werden Sie ebenfalls in der GKV versicherungspflichtig.

Sollten Sie entgegen den ursprünglichen Planungen bereits vor Ablauf der Jahresfrist die Wertguthabenvereinbarung beenden, haben Sie die Möglichkeit, sich nach § 188 Abs. 4 SGB V freiwillig zu versichern.

Sobald Sie in der GKV versichert sind, können Sie nach § 205 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht Ihre PKV  rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen.

 

Mehr Infos zum Thema Wertguthaben finden Sie auf meiner privaten Website unter www.iba-profdrbirk.de/zeitwertkonto.php

Achtung: Keine Versicherungspflicht bei Befreiung

Die oben gezeigten Möglichkeiten greifen nicht, wenn Sie sich in der Vergangenheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung haben befreien lassen. Für Arbeitnehmer ist diese Befreiung unwiderruflich, da eine Befreiung so lange wirkt, wie jemand Arbeitnehmer ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Az. B 12 KR 9/09) gilt dies aber nicht, wenn Sie zwischenzeitlich arbeitslos waren und als Bezieher von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig wurden.

A I 2 Arbeitslosigkeit und Bezug von Arbeitslosengeld

Wenn Sie arbeitslos werden und Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld beziehen, sind Sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der GKV pflichtversichert. Sie müssen nur darauf verzichten, sich von der Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V).

Achtung: Sie müssen mindestens 1 Monat Arbeitslosengeld bezogen haben, dann können Sie sich nach § 188 Abs. 4 SGB V freiwillig gesetzlich weiterversichern, falls Sie wieder einen Job haben. Ansonsten müssen Sie in Ihre frühere private Krankenversicherung zurückkehren. In diesem Fall muss die private Krankenversicherung Sie nach § 5 Abs. 9 SGB V zu den alten Bedingungen wieder aufnehmen, wenn der vorherige Vertrag  mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Neuabschluss erfolgt in diesem Fall ohne Risikoprüfung zu den alten Tarifbedingungen.

A II Sie sind selbstständig

Als haupt­beruflicher Selbstständiger müssen Sie Ihre hauptberufliche Selbstständigkeit aufgeben und sich ein versicherungs­pflichtiges Beschäftigungsverhältnis für voraussichtlich 1 Jahr suchen oder familienversichert werden ( Siehe A III ). Ein solches versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn Sie als Arbeitnehmerim Jahre 2019 mindestens 450,01 € und weniger als 5062,50 Euro € monatlich brutto verdienen.  Eine gering­fügige Beschäftigung (Minijob) reicht deshalb nicht aus.

Es ist nicht möglich, dass Sie sich in Ihrem eigenen Unternehmen selbst als Arbeitnehmer anstellen, solange Sie weiterhin beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben.

Neben Ihrem Arbeitnehmerjob können Sie unter gewissen Voraussetzungen nebenberuflich selbständig bleiben. Lassen Sie sich diesbezüglich im Detail beraten.

A III Familienversicherung

Wenn Sie verheiratet oder verpartnert  sind und Ihr Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner ist in der GKV pflichtversichert oder freiwillig versichert, können Sie auch versuchen, nach § 10 SGB V familienversichert zu werden.

Zu diesem Zwecke müssen Sie Ihr monatliches Gesamteinkommen dh die Summe aller Ihrer Einkünfte -insbesondere Ihr Arbeitseinkommen-  voraussichtlich für die kommenden 12 Monate auf unter 445 € bzw. 410 Euro (im Jahre 2019, alte bzw. neue Bundesländer) drücken, dann werden Sie nach § 10 SGB V beitragsfrei familienversichert. Eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) bis zu 450 Euro monatlich ist aber zulässig.

Sollten Sie entgegen den ursprünglichen Planungen bereits vor Ablauf der Jahresfrist Ihr voraussichtliches Jahreseinkommen wieder erhöhen, haben Sie die Möglichkeit, sich nach § 188 Abs. 4 SGB V freiwillig zu versichern.

Sobald Sie in der GKV versichert sind, können Sie nach § 205 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht Ihre PKV  rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen.

B Sie haben das 55. Lebensjahr bereits vollendet

Wenn Sie das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, haben Sie nur eine Rückkehrchance in die GKV, wenn Sie verheiratet oder verpartnert sind, Ihr Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in der GKV versichert ist und Sie Ihr monatliches Gesamteinkommen dh die Summe aller Ihrer Einkünfte -insbesondere Ihr Arbeitseinkommen-  voraussichtlich die kommenden 12 Monate auf unter 445 € bzw. 410 Euro (im Jahre 2019, alte bzw. neue Bundesländer) drücken. Die in A III gemachten Ausführungen gelten sinngemäß, da das Recht auf eine Familienversicherung nach § 10 SGB V und auf eine Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V nicht von einer Altersgrenze abhängig ist.

Wenn Sie demnächst bereits eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen werden, werden Sie in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V wieder pflichtversichert, wenn Sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums in der GKV pflichtversichert, freiwillig versichert oder familienversichert waren. Auf diesen Zeitraum werden neuerdings gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind drei Jahre angerechnet.

C Freiwillige Versicherung für Schwerbehinderte?

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Sie, falls Sie als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % nach § 68 SGB IX anerkannt sind, ein Recht, der GKV freiwillig beizutreten, wenn Sie, ein Elternteil, Ihr Ehegatte oder Ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre in der GKV versichert waren und wenn Sie die für den Beitritt nach Satzung der Krankenkasse maßgebliche Höchstaltersgrenze noch nicht überschritten haben. Diese Höchstaltersgrenze ist von Kasse zu Kasse unterschiedlich. Die meisten Krankenkassen wie zB die AOK Bayern sehen als Höchstaltersgrenze für einen Beitritt von Schwerbehinderten das 45. Lebensjahr vor. Die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei einem geringeren Grad der Behinderung (§ 2 Abs. 3 SGB IX) begründet kein Beitrittsrecht.

 

Zusammenfassung:

 

Für Arbeitnehmer, die noch nicht 55. Jahre alt sind, ist die beste Möglichkeit, ohne Einkommensverluste in die GKV zurückzukehren, der Abschluss einer Wertguthabenvereinbarung mit dem Arbeitgeber.

 

Für Arbeitnehmer, die bereits 55 Jahre und älter sind, gibt es lediglich die Möglichkeit einer vorübergehenden Familienversicherung mit anschließender freiwilliger Versicherung in der GKV.