Die Auseinandersetzung der georgischen Historiographie mit Iran im 17. und 18. Jahrhundert: Aspekte transosmanischer Wissenszirkulation
Projekt im DFG Schwerpunktprogramm „Transottomanica: Osteuropäisch-osmanisch-persische Mobilitätsdynamiken“ (SPP 1981)
Projektleitung: Prof. Dr. Christoph U. Werner
Mitarbeiter: Malkhazi Archvadze M.A.
Das 17. und 18. Jahrhundert ist eine höchst komplexe Periode in der Geschichte Georgiens, vor allem in seinen Beziehungen zu Iran, dem Osmanischen Reich und Russland. Die seit 1490 offiziell geteilten christlichen Königreiche und Fürstentümer Georgiens mit einer nostalgischen Sehnsucht nach Vereinigung standen den geopolitischen Ansprüchen Irans und des Osmanischen Reichs sowie dem russischen Anspruch auf Dominanz im Südkaukasus entgegen. Die sich intensivierenden Beziehungen zwischen dem safavidischen Iran und Georgien führten zu einer verstärkten Wissenszirkulation und dem Austausch von eigenen und fremden Ideen und Wertvorstellungen, die sich vor allem in der georgischen Historiographie dieser Zeit widerspiegeln.
Die damaligen georgischen Eliten verstanden es im Rahmen einer breiten intellektuellen Bewegung die georgische Historiographie wiederzubeleben, die nach den Eroberungen Timurs für mehrere Jahrhunderte verstummt war. Historiographie wurde zu einem zentralen ideologischen Instrument und einem der wichtigsten Medien, mit dem die georgische Kultur sich von anderen Kulturbereichen, besonders der iranischen Kultur, abgrenzen und distanzieren konnte. In all diesen Werken treten Fragen von Identität und Alterität in enger Verbindung zueinander auf – eines der Hauptmerkmale georgischer Historiographie dieser Epoche. Weil die meisten dieser Werke in Ostgeorgien verfasst wurden, spiegelt sich in ihnen am stärksten die Frage der iranbezogenen Alterität, also der Versuch sich von Iran und iranischen – auch historiographischen – Traditionen abzugrenzen und somit die eigene Identität zu stärken und zu entwickeln.
Das vorliegende Projekt untersucht anhand von sieben zentralen Werken diese Renaissance der georgischen Historiographie, die sowohl als ein Ergebnis der transosmanischen Wissenszirkulation, als auch als eine Reaktion dagegen dargestellt werden kann. Das bedeutet, dass sich die georgische Historiographie im ständigen Austausch mit den muslimischen Nachbarländern wie mit Iran und Osmanischem Reich formierte und das existierende Wissen über das Eigene und das Fremde im Gedächtnis weiterer Generation in narrativer Form konservierte. Die zentrale Fragestellung ist dabei auf welche Weise und in welcher Form die georgische Historiographie in der Auseinandersetzung mit Iran sich selbst und neue Identitäten hervorbrachte: durch neue Terminologien, die Sakralisierung von imaginierten und abstrakten Räumen und neue historiographische Modelle.