Medien-Politik-Atlas Deutschland
Was prägt die Beziehungen zwischen Politik, Medien und PR? Wie stellt sich Politik in der Öffentlichkeit dar? Und wie berichtet Journalismus darüber? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Längsschnittstudie „Medien-Politik-Atlas Deutschland“, die an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg durchgeführt wird. Die Studie unterscheidet sich von anderen Untersuchungen zum Thema durch ihren breiten Ansatz:
- Erstens werden neben Abgeordneten und politischen Journalistinnen und Journalisten auch PR-Akteure befragt. Dies ermöglicht einen Vergleich zwischen den verschiedenen Erwartungen und Perspektiven.
- Zweitens werden in der Studie Akteure der EU-, Bundes-, Landes- und kommunalen Ebene befragt. Dies erlaubt einen Vergleich zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen.
- Drittens kann die Anlage als Längsschnittstudie Veränderungen in den Beziehungen zwischen Politik und Medien untersuchen. Ergänzend werden in den verschiedenen Erhebungswellen aktuelle Fragestellungen untersucht.
1. Erhebungswelle 2015
In der Medienaffäre um den ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff sind vielfach die Unterschiede in den Beziehungen zwischen Politik und Journalismus auf Bundes- und Länderebene diskutiert worden, die durch einen distanzloseren Umgang von Politikerinnen bzw. Politikern, Journalistinnen bzw. Journalisten und anderen gesellschaftlichen Elite-Akteuren geprägt seien als in vielen anderen Landeshauptstädten und insbesondere in der Bundeshauptstadt. Diese Unterschiede sind in der umfangreichen wie vielfältigen Forschung zu den Beziehungen von Journalismus und Politik noch eine weitgehende Leerstelle.
Die Studie mit 1.026 teilnehmenden Abgeordneten sowie Journalistinnen und Journalisten konnte zeigen: Die Erzählungen aus der ‚Berliner Käseglocke‘ scheinen eher anekdotischer Natur zu sein. Der Medien-Politik-Atlas konnte zwar feststellen, dass es enge Beziehungen sowohl auf professioneller wie auch privater Ebene zwischen Journalistinnen bzw. Journalisten und Politikerinnen bzw. Politikern gibt, diese beeinflussen jedoch nicht die Orientierung der Akteure: das Publikum bzw. die Wählerinnen und Wähler stehen hier eindeutig im Vordergrund.
Mit Blick auf die Unterschiede zwischen Länder- und Bundesebene konnten keine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden. Das Berliner Treiben mag vielen als glamouröser und geheimnisumwitterter erscheinen, hinsichtlich der Erwartungen der Akteure unterscheidet es sich nur unwesentlich von dem in Saarbrücken und Erfurt. Es liegt die – nicht zu belegende – Vermutung nahe, dass es in den vergangenen Jahren insgesamt zu einer Angleichung zwischen Bundes- und Landesebene gekommen ist.
2. Erhebungswelle 2020
Zur zweiten Erhebungswelle ist der Ansatz der Studie verbreitert worden: Einerseits werden zusätzlich Pressesprecherinnen und -sprecher von Fraktionen, Parteien und Ministerien, andererseits die EU-Ebene (deutsche Vertreter) sowie Köln, Leipzig und Frankfurt als kommunale Ebene berücksichtigt. Thematischer Schwerpunkt sind bei der zweiten Erhebung Fragen der Inszenierung und Wahrhaftigkeit. Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2021 veröffentlicht.
3. Erhebungswelle 2024
Die dritte Erhebungswelle im Jahr 2024 beschäftigt sich mit zwei Schwerpunkten: Auf der einen Seite gehen wir der Frage nach, wie moderne politische Kommunikation aussieht und wie sich diese verändert hat. Außerdem sollen Dimensionen identifiziert werden, die eine Bewertung zulassen, wie strategische politische Kommunikation sein muss, damit diese möglichst erfolgreich ist. Auf der anderen Seite wird der Bedeutung von Konstruktionspraktiken und dem Einfluss von strategischer Ambiguität nachgegangen werden.
Auszeichnungen:
Preis der Fritz Thyssen Stiftung für sozialwissenschaftliche Aufsätze, Zeitschriftenjahrgang 2021. Link: https://link.springer.com/article/10.1007/s11609-022-00490-w
Veröffentlichungen:
Hoffjann, Olaf / Lohse, Michael (2016): Medien-Politik-Atlas. Zentrale Befunde zu den Beziehungen zwischen Politikern und Journalisten auf Bundes- und Länderebene. Salzgitter: Ostfalia Hochschule. Link zur Summary (pdf).
Hoffjann, Olaf / Lohse, Michael (2016): ‚Berliner Käseglocke’ versus ‚Hannoveraner Verhältnisse’? Eine vergleichende Untersuchung der Beziehungen von Politik und Journalismus auf Bundes- und Länderebene. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, 64, 2: 193-218. Link zur Studie (pdf)(305.7 KB).
Hoffjann, O., & Seeber, L. (2021). Auf dem Weg in die postfaktische Politik? Medien & Kommunikationswissenschaft, 69(4), 483–504. https://doi.org/10.5771/1615-634X-2021-4-483
Zeitungsbeiträge:
Wagner, G. (2021, Dezember 9). Postfaktische Demokratie? Bleiben wir bei den Fakten. Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/postfaktische-demokratie-hat-politik-noch-einen-bezug-zu-fakten-17671073.html
Projektleitung
Prof. Dr. Olaf Hoffjann und Lucas Seeber, M.A.